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Rasenballett und Poplyrik

Von Gerald Schmickl

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Was für ein Fußballabend, dieser Mittwoch! Man musste nicht einmal Fan sein, weder einer der beteiligten Vereine noch dieses Sports generell, um von den Champions-League-Viertelfinali hingerissen zu sein. Besser, spannender und anspruchsvoller als das, was speziell Real Madrid und Manchester United geboten haben, kann Fußball kaum mehr sein. (Aber auch die Partie zwischen dem AC Mailand und Ajax Amsterdam war vom Feinsten.) Die Rasanz der Bewegungen, ihre Choreographie und das buchstäblich sichtbare System von Spielzügen - alleine die Betrachtung rein kinetischer Aspekte bot an diesem Abend höchsten ästhetischen Genuss. So blieb kaum Zeit zum Zappen. Von welchem normalen Fernsehabend kann man das schon behaupten?

Immer öfter zappe ich ansonsten, um der Werbung, Barbara Stöckl oder Ottfried Fischer zu entkommen (was diese Woche wieder besonders schwer war), zum heimischen Musiksender "go tv" (derzeit nur in Wien und NÖ zu empfangen), der Popvideos auf unaufdringliche Weise darbietet, also ohne Moderatorengequatsche (wie bei MTV oder Viva). Die Auswahl ist meist sehr gelungen, werden doch hauptsächlich avancierte Vertreter des Genres gespielt. Und da zeigt sich, dass das Popvideo eine spezielle Kunstgattung für sich sein kann (und nicht nur eine Bebilderung von Songs): Auf engstem Raum werden Musik, Gefühle und Bilder zu akustisch-visuellen Einheiten verschmolzen, zu einer Art multimedialer Lyrik. Man kann dann mit den Ohren sehen, mit den Augen hören - und mit dem Zwerchfell fühlen. Danach zappt man zum Üblichen zurück.