Italien und Ungarn geben derzeit keine Halterdaten weiter. | An nahezu jedem zweiten Unfall auf Österreichs Autobahnen ist Ausländer beteiligt. | Wien. Mit 274 Stundenkilometern war der silbergraue Lamborghini über die Westautobahn gerast - er hatte sich mit einem Audi ein Wettrennen geliefert, bis die Polizei die zwei Fahrer stoppte und ihnen den Führerschein entzog. | EU-weite Konsequenzen für Fahrer ohne Helm und Gurt | 'Viele glauben, im Ausland gelten Verkehrsregeln nicht'
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Diese Meldung, wie sie im September durch die Medien ging, hätte ganz anders enden können. War doch der Lamborghini in Deutschland angemeldet - wäre er lediglich vom Radargerät geblitzt worden, wäre sein Fahrer sehr wahrscheinlich straffrei davon gekommen.
Um Geldbußen von Verkehrssündern künftig grenzüberschreitend eintreiben zu können, beschließt Verkehrsministerin Doris Buris heute, Donnerstag, gemeinsam mit ihren europäischen Amtskollegen den Zugriff Österreichs auf die EU-weite Fahrzeughalter-Datenbank Eucaris. Beim EU-Verkehrsrat in Brüssel wird laut Büro des Infrastrukturministeriums vereinbart, dass Daten über die Fahrzeughalter künftig zwischen den Ländern der EU fließen sollen. "Ab 2013 kann Eucaris dann genutzt werden", kündigte Bures im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" an.
Bisher sei eine effektive grenzüberschreitende Strafverfolgung an den Behörden aus dem Ausland gescheitert. "Während Österreich Halterdaten stets weitergeleitet hat, haben etwa die Italiener und Ungarn noch nie welche hergegeben", heißt es aus dem Bures-Büro. Das liegt laut Christian Gratzer vom Verkehrsclub Österreich (VCÖ) daran, "dass für die ausländischen Behörden Arbeit entsteht, die Strafgelder aber anderswo hinfließen." Kärnten hat laut Bures-Sprecherin gar keine Strafmandate mehr ans Ausland verschickt, "weil sie wussten, dass eh nichts zurückkommt."
Straffrei weil unauffindbar
Ein Strafmandat habe allerdings erst dann Rechtswirkung, wenn es erfolgreich zugestellt worden ist. "All jene, die unauffindbar sind, sind bisher straffrei davongekommen", beklagt Bures.
Da jedoch gerade Österreich ein Transit- und Tourismusland ist, spiegelt sich der Anteil der ausländischen Staatsbürger in der Unfallstatistik wider. Laut einer aktuellen Untersuchung des VCÖ ist in nahezu jeden zweiten Unfall auf Österreichs Autobahnen ein Fahrer aus dem Ausland verwickelt: In die 1790 Autobahnunfälle des Vorjahres waren 793 Fahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen involviert. Mehr als die Hälfte derer kam aus Deutschland. Ungarn, Slowaken und Tschechen waren mit je rund sechs Prozent beteiligt.
Insgesamt sind laut Innenministerium rund 20 Prozent aller Verkehrsverstöße ausländischen Fahrzeuglenkern zuzuschreiben, was rund 500.000 Radaranzeigen entspricht. "Raserei ist die Unfallursache Nummer eins", fügt Gratzer vom VCÖ hinzu, "jeder Vierte, der auf Österreichs Straßen tödlich verunglückt, war zu schnell unterwegs." Am zweithäufigsten sei das Fahren unter Alkoholeinfluss und in zunehmendem Maße Telefonieren am Steuer für die tödlichen Verkehrsunfälle verantwortlich.
Frontradargeräte zu teuer
"Wer in dem Bewusstsein fährt, erwischt werden zu können, fährt sicherer", bringt es Verena Pronebner, Verkehrsjuristin des ÖAMTC, auf den Punkt. Aus diesem Grund müsse der Einsatz von Frontradargeräten forciert werden, um ausländische Fahrzeuge, die lediglich vorne ein Nummernschild tragen, identifizieren zu können. Auch Lenker könnten nur dann erkannt werden, wenn sie frontal geblitzt werden.
Derzeit sind laut Rudolf Gollia, Sprecher des Innenministeriums, acht Frontradargeräte im Einsatz. Freilich solle deren Anzahl erhöht werden, "wegen der ausgefeilten Technik sind diese Geräte aber entsprechend teurer, weshalb sie bis auf Weiteres in der Minderzahl bleiben werden", so Gollia.
Ausländische Fahrer, die von einem Polizisten in flagranti erwischt werden, können bereits ab 1. Jänner 2011 effizienter strafrechtlich verfolgt werden. "Dann haben die Polizisten erstmals die Möglichkeit, ein Fahrzeug aus dem Ausland so lange anzuhalten, bis der Lenker bezahlt hat - wenn nötig, unter Abnahme des Schlüssels oder des Nummernschildes", hofft das Bures-Büro.
Dass der Zugriff auf Eucaris schließlich alle Wege zur EU-weiten Verfolgung ebnen wird, glaubt Gollia zwar nicht - es sei aber "ein wichtiger erster Schritt in die richtige Richtung."