Wien · Die EU-Beobachtungsstelle gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit mit Sitz in Wien will sich auch künftig gegen Intoleranz gegenüber Ausländern und Minderheiten in Europa stark machen. | Denn, so die Leiterin Beate Winkler: "Europas Zukunft liegt in seiner Vielfalt."
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Aus Anlaß des 61. Jahrestages des Novemberprogroms und parallel dazu des 10-Jahres-Jubiläums des Falls der Berliner Mauer warnte Winkler am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Wien vor
zunehmenden fremdenfeindlichen Tendenzen, denen die Bevölkerung in den EU-Ländern immer gleichgültiger gegenüber stünden. Während 1989 noch 26 Prozent in Europa den Kampf gegen Ausländerhass als
wichtiges Thema bezeichnet hätten, seien es zehn Jahre später nur noch 22 Prozent gewesen.
Umso wichtiger ist es, so die Leiterin der EU-Behörde, den "Blick zurück nach vorn zu richten", um eine Wiederholung der Geschichte, deren radikalste Auswüchse in der Judenverfolgung zu Tage traten,
zu verhindern. "Wir dürfen in Europa keine neuen Mauern bauen" mahnte sie.
Als künftigen Schwerpunkt der EU-Beobachtungstelle nannte die ehemalige Ausländerbeauftragte der deutschen Bundesregierung den Ausbau eines europäischen Informations- und Diskussionsnetzes zu
Rassismusfragen, an dem sich auch Politiker, Nicht-Regierungsorganisationen (NGO) und Wissenschaftler beteiligen sollen.
Unterstützen will Winkler auch die von der EU-Kommission geplante Initiative zur Schaffung einer Anti-Diskriminierungs-Gesetzgebung in allen EU-Mitgliedsstaaten, also auch in Österreich. Sie
soll in den kommenden Wochen starten. Durch die "psychologischen Effekte" und rechtlichen Sanktionsmöglichkeiten erwartet sich Winkler eine Reduzierung ausländerfeinlicher oder antisemitischer
Übergriffe. Auch "der Antisemitismus ging immer dann zurück, wenn die Politik das klare und deutliche Signal gab: das ist nicht gestattet". Die Rassismusbehörde trete deshalb für möglichst konkrete
Vorgaben und präzise Formulierungen im Gesetzestext ein. "Den genauen Inhalt der Direktive aus Brüssel kennen wir aber noch nicht", so Winkler.
Zum Wahlerfolg von FPÖ-Chef Jörg bei den Nationalratswahlen Anfang Oktober meinte Winkler, dieser habe einmel mehr gezeigt, dass zwischen Fremdenfeindlichkeit und Arbeitslosigkeit bzw. Zuwanderung
kein Zusammenhang besteht. Trotz der vergleichsweise geringen Zuwanderung und niedrigen Arbeitslosigkeit sei es Haider gelungen, mit fremdenfeindlichen Parolen und dem Schüren von Zukunftsängsten
Stimmen einzufangen. Dem "diffusen Homogenitätsdenken" der FPÖ sei eine offene Gesellschaft ohne der Kluft "zwischen uns und den anderen" entgegen zu setzen. Winkler erinnerte daran, dass
bisher in Österreich die "Charta der europäischen politischen Parteien für eine nicht-rassistische Gesellschaft" nur von SPÖ, Grünen und Liberalem Forum unterzeichnet wurde. Am 3. Dezember werde in
Wien ein "Runder Tisch" gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit von mit dem Sachverhalt befassten NGO und staatlichen Stellen stattfinden. Am 7. April kommenden Jahres ist eine internationale
Konferenz mit dem Thema "Politik und Rassismus" geplant. EU-Kommissionspräsident Romano Prodi wird diesen Termin auch zum Anlass nehmen, die EU-Beobachtungestelle für Rassismus und
Fremdenfeindlichkeit offiziel zu eröffnen. Gestern feierte sie den 101. Tag ihres informellen Bestehens.