Zum Hauptinhalt springen

Rating-Analyst: "Andere haben stärkere Sanierungserfolge"

Von Hermann Sileitsch

Wirtschaft

Alois Strasser: Österreich von anderen Ländern überholt - Risiken bei Banken.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 13 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

"Wiener Zeitung": Wann wird Standard & Poor’s Österreich den nächsten Besuch abstatten?

Alois Strasser: Wir geben prinzipiell keine Informationen, wann wir Kunden treffen. Ratings sind tagesaktuell, eine Veränderung könnten wir unabhängig davon jederzeit vornehmen.

Österreich gilt unter den Triple-A-Ländern bei der Kreditwürdigkeit neben Frankreich als Wackelkandidat - zu Recht?

Gerüchte kommentieren wir grundsätzlich nicht. Österreich hat ein Triple-A mit stabilem Ausblick, das ist die aktuelle Lage.

Im S&P-Bericht von Dezember 2010 war allerdings erwähnt, Österreich befinde sich mit anderen Triple-A-Ländern wie Deutschland oder den Niederlanden im Gleichschritt. Jetzt warnen Ökonomen, man gerate mit den Sanierungszielen ins Hintertreffen. Ist diese Sorge berechtigt?

Das eine oder andere Land hat zwischenzeitlich bereits stärkere Erfolge als Österreich gezeigt. Allerdings stammt der Rahmenplan vom April 2011. Die Zahlen 2010 und auch noch 2011 haben sich sehr, sehr gut entwickelt, trotz der Abschwächung im zweiten Halbjahr.

Österreich hat sehr kurzfristig eine Schuldenbremse beschlossen und orientiert sich am deutschen Modell. Sind die Sparvorgaben erreichbar?

Dazu kann ich noch nichts sagen, da wir uns die Regelung erst genauer ansehen müssen.

Spielt eine Schuldenbremse für Ihre Beurteilung eine Rolle?

Wir schauen uns generell mehrere Themenbereiche an, unter anderem gibt es eine Bewertung des politischen Systems. Hier fließt ein, ob und wie sehr eine Regierung bereit ist, künftige Herausforderungen zeitgerecht anzusprechen und Maßnahmen zu treffen. Die können zwar kurzfristig beschlossen werden, ihre Wirkung sieht man aber erst in mehreren Jahren. Nehmen Sie zum Beispiel das Pensionssystem, wo Auswirkungen vielleicht erst in fünf Jahren spürbar sein werden - deshalb ist es wichtig, dass man sieht, dass zeitgerecht Adaptierungen vorgenommen werden.

Es geht also um vorsichtige und vorausschauende Planung?

Letztendlich kann jeder Staat seine Finanzen nur auf einer gesunden Wirtschaftsbasis erhalten. Wenn man strukturelle Maßnahmen nicht angeht, würde sich diese Basis mittel- und langfristig verschlechtern, die Wettbewerbsfähigkeit sinken - und das würde sich im Haushalt niederschlagen.

Ein S&P-Kollege hat das Risiko der Banken in Osteuropa angesprochen und infrage gestellt, ob Österreich seine Banken überhaupt ausreichend unterstützen könnte. Wie ist das zu verstehen?

Osteuropa fließt in unsere Analysen natürlich mit ein. Möglicherweise wird bei einzelnen Krediten in den Bankbilanzen ein gewisser Bewertungsspielraum genutzt. Es stellt sich auch die Frage der Eigenkapitalausstattung. Einige österreichische Banken haben zwar nach hiesiger Gesetzgebung ausreichend Kapital, das aber international möglicherweise nicht anerkannt wird. Auch S&P zählt Partizipationskapital nicht zum harten Kernkapital - somit fehlt ein Teil des nach Regulierungsgesichtspunkten notwendigen Kapitals. Das ist noch ungelöst.

Wenn die Finanzministerin sagt, es seien alle rechtlichen Rahmenbedingungen des Bankenhilfspaketes noch gültig, so ist das richtig. Aber das Geld ist natürlich noch nicht da, sondern Österreich müsste es erst aufnehmen, wenn es gebraucht wird - und dann würde es auf die Verschuldung der Republik Österreich schlagen.

Meinen Sie damit die geplante Kapitalaufstockung bei den Großbanken auf neun Prozent oder eine mögliche Zuspitzung der Krise in Osteuropa?

Die neun Prozent wären zu schaffen, wenn zumindest das Partizipationskapital anerkannt oder in Stammkapital umgewandelt wird. Sollte es zu einer stärkeren Rezession in Osteuropa kommen, hätte das aber zusätzliche Auswirkungen.

Das Exposure der österreichischen Banken ist natürlich groß, auch wenn es als ihr Heimatmarkt gesehen wird. Es ist für die Banken und das Land ein Thema, das beachtet werden sollte.