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Ratingagenturen: Brüssel fährt schwere Geschütze auf

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Wirtschaft

Volle Ermittlungsbefugnisse, harte Geldstrafen. | Nationale Behörden sollen Kompetenzen abgeben. | Brüssel. Die Doppelmühle der US-Ratingagentur Fitch gegen Spanien war der letzte Mosaikstein, um den Unmut der EU zu komplettieren: Just nach der Verabschiedung eines Sparprogramms hatte es für die Iberer eine Abwertung gesetzt.


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Jetzt will Binnenmarktkommissar Michel Barnier Fitch und die Kollegen von Standard&Poors sowie Moodys der geplanten europäischen Wertpapier- und Börsenaufsicht ESMA (European Securities and Markets Authority) überantworten. Diese soll weit reichende Ermittlungsbefugnisse erhalten und via EU-Kommission harte Strafen gegen die Agenturen verhängen können. Die derzeit für die Überwachung zuständigen nationalen Aufsichtsbehörden müssten ihre Kompetenzen an die ESMA übertragen. Den Vorschlag für die Änderung des EU-Gesetzes über den Umgang mit Ratingagenturen präsentiert Barnier heute, Mittwoch. Der letzte Entwurf des Dokuments liegt der "Wiener Zeitung" vor.

Razzien und Verhöre

"Um die ausreichende Aufsicht und Durchsetzung sicherzustellen, darf ESMA alle nötigen Informationen von Ratingagenturen anfordern", heißt es in dem Papier. Es dürften Razzien in den Büroräumen durchgeführt werden, Personen verhört und Aufzeichnungen von Telefon- und Datenverkehr beschlagnahmt werden. Sollten sich die Agenturen weigern, ihre Verstöße einzustellen, Unterlagen herauszugeben oder bei Ermittlungen nicht voll zusammenarbeiten, will die Kommission auf ESMA-Empfehlung solange Geldstrafen verhängen, bis die Agenturen parieren.

Im Wesentlichen sollen die Entscheidungen der Agenturen durch neue Registrierungs- und Transparenzvorschriften nachvollziehbarer werden. Vor allem der Zeitpunkt der Herabstufung von Anleihen wie den spanischen, portugiesischen und griechischen werde in Europa nicht verstanden. Kriterien und Informationen für die Bewertung privater Finanzprodukte müssten ebenfalls weitgehend offengelegt werden, damit Konkurrenzagenturen das Rating überprüfen können.

Die Übertragung der Kompetenzen von den nationalen Aufsichten an die ESMA gefällt deutschen und britischen Behörden laut Medienberichten nicht so gut. Die österreichische Finanzmarktaufsicht begrüßte Barniers Vorstoß: "Das ist der erste Schritt zu einer zentralen Aufsichtsaufgabe durch eine europäische Behörde", sagte FMA-Vorstand Kurt Pribil zur "Wiener Zeitung". "Die FMA war immer für eine starke europäische Aufsicht, die sich auf das Netz der nationalen Behörden stützt und die Führung bei großen grenzüberschreitenden Aufgaben übernimmt."

Europäische Konkurrenz

Ins gleiche Horn stößt der einflussreiche Leiter der CDU/CSU-Gruppe im EU-Parlament, Werner Langen: "Nur mit einer zentralen EU-Finanzmarktaufsicht bekommen wir Stabilität und Transparenz in das System", erklärte er. Darüber hinaus müsse die Marktmacht der drei US-Agenturen gebrochen und eine echte europäische Konkurrenz aufgebaut werden.

Bis dahin solle die Europäische Zentralbank (EZB) als Ratingagentur fungieren, schlägt WKO-Präsident Christoph Leitl vor. Dass die EZB Anleihen von Euroländer mit Refinanzierungsproblemen kauft, findet er gut. Übermäßige Inflationsgefahr sieht Leitl dadurch nicht: IWF, OECD und EU-Kommission schätzen die Inflationsrate für Österreich und die Eurozone bis 2011 weit unter jenen zwei Prozent, welche die EZB als "stabil" ansieht.