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Ratlose Truppensuche: Araber an die Front?

Von AnalyseGeorg Friesenbichler

Analysen

Man wolle keine Zivilisten, sondern nur die Hisbollah treffen, führt Israel immer wieder ins Treffen. Für jene, die eine solche gezielte Vorgangsweise schon bisher bezweifelt haben, liefert nun der Angriff auf einen UNO-Posten ein weiteres Argument. Jerusalem gerät damit, wie es selbst vorhergesehen hat, immer mehr unter internationalen Druck, je länger die Offensiven in Gaza und im Libanon dauern.


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Der wichtigste Verbündete, die USA, ist aber weiterhin bereit, den Israelis vorläufig freie Hand zu lassen. Will man wie US-Außenministerin Condoleezza Rice zuerst den Plan für eine umfassende Dauerlösung im Nahen Osten finden, ist ein Waffenstillstand, über den in der Nahostkonferenz in Rom debattiert wurde, noch in weiter Ferne.

Nach den Diskussionen in Rom bleibt gleichfalls unklar, wann und wie internationale Friedenstruppen im Südlibanon eingesetzt werden sollen. Die USA haben bereits deutlich gemacht, dass solche Kontingente nicht unbedingt von der UNO geleitet werden sollen.

Man kann sich dabei unter anderem auf schlechte Erfahrungen berufen, die man mit UN-Soldaten vor allem aus der Dritten Welt gemacht hat. Ebenso fragwürdig wäre aber eine Führung des Einsatzes durch die Nato, ist diese doch wegen der bestimmenden Rolle, die die Amerikaner in ihr spielen, bei den islamischen Ländern von vornherein verdächtig. Rice hat außerdem die Idee geboren, 10.000 Soldaten aus Ägypten und Saudi-Arabien in den Südlibanon zu schicken. Aber auch die Einbindung der Araber ist nicht der Königsweg.

Eine sunnitische Schutztruppe mitten im Schiitengebiet bedeutet nämlich eine ganze Reihe von Risiken. Zum Einen würde die heikle Balance zwischen den Konfessionen im Libanon selbst empfindlich gestört, was schon einmal zum Bürgerkrieg geführt hat. Wie ein Konflikt zwischen Religionsgruppen ausarten kann, kann man im nahe gelegenen Irak beobachten.

Zum Anderen könnte den Regimen in Kairo und Riad zuhause der Vorwurf gemacht werden, einen Schutzwall für Israel zu bilden. Schon jetzt wird ihnen vorgehalten, sich nicht genug für die Sache der Palästinenser zu engagieren.

Zum Dritten müsste George W. Bush seinen Plan, den Nahen Osten zu demokratisieren, auf Eis legen. Dieser hatte sich schon nach dem Hamas-Sieg in Palästina und der Gewalt im Irak als problematisch erwiesen. Wenn jetzt die autoritären Regime als Helfer benötigt werden, könnte der Ruf, mehr Freiheiten zuzulassen, verstummen.

Aber sogar die Einbeziehung von Europäern in die multinationale Truppe, wie sie dem israelischen Premier Ehud Olmert vorschwebt, ist nicht konfliktfrei. Der Zentralrat der Juden in Deutschland hat Bedenken, wenn deutsche Truppen an der Nordgrenze des Landes stationiert würden, in dem immer noch viele Holocaust-Überlebende zuhause sind.

Ohnehin sind deutsche Politiker sehr zurückhaltend, was die Beteiligung an einem solchen Kontingent ist. Besorgnis gab es schon vor dem Kongo-Einsatz, wo zur Zeit EU-Truppen die Wahlen sichern sollen. Dass ein Engagement im Nahen Osten noch viel gefährlicher sein könnte, hat das Schicksal der getöteten UNO-Soldaten gezeigt.