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Rätselraten im Nahen Osten: Was steckt hinter Israels Charmeoffensive?

Von Georg Friesenbichler

Analysen

Der Waffenstillstand zwischen Israel und Hamas soll dem Süden Israels "die notwendige Sicherheit" bringen, erklärte Israels Ministerpräsident Ehud Olmert jüngst im "Spiegel"-Interview. Analysten erläutern, dass Israel nur ein militärisches Eingreifen im Gazastreifen als Alternative hätte, um den ständigen Raketen-Beschuss zu stoppen - es schreckt aber vor einer weiteren Eskalation ebenso zurück wie Ägypten, das einen Flüchtlingsstrom aus dem Gazastreifen fürchtet.


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Manche meinen auch, dass man damit demonstrieren wolle, alle diplomatischen Möglichkeiten auszuschöpfen - bei einem möglichen Bruch der Waffenruhe durch die Hamas bräuchte Israels Armee auf internationale Kritik keine Rücksicht mehr zu nehmen.

Allerdings ist der Gazastreifen nicht die einzige Front, an der Israel zur Zeit guten Willen demonstriert. Olmert richtete Angebote zu Direktgesprächen an den Libanon und an Syrien, ein Gefangenenaustausch mit der libanesischen Hisbollah-Miliz bahnt sich an.

Beobachter rätseln, was hinter dieser israelischen Charmeoffensive gegenüber den Iran-Freunden stecken mag. Irritierend wirkt, dass parallel zu den Vermittlungsgesprächen unter türkischer und ägyptischer Flagge Israel in den letzten Wochen martialische Töne gegenüber Teheran angeschlagen hat. Längst nicht nur die Falken plädieren für einen Luftangriff gegen den Iran, um eine Atombombe der Mullahs zu verhindern.

Lediglich über den Zeitpunkt des Angriffs herrschen unterschiedliche Meinungen. Die Hardliner sehen nun ein günstiges Zeitfenster, ehe Israel-Freund George W. Bush den Sessel des US-Präsidenten räumt - und wollen damit seinem möglichen Nachfolger Barack Obama ein "Fait accompli" hinterlassen.

Könnten Olmerts Friedensangebote also nur dazu dienen, einen solchen Krieg vorzubereiten? Auch Israel müsste wissen, dass ein solcher Schlag die bisher erzielten Fortschritte umgehend rückgängig machen würde. Dass es die engen Verbindungen Teherans zur Hamas, zur libanesischen Hisbollah und zu Syrien lösen will, scheint indessen offensichtlich. Auch bei der EU, der Jerusalem ihre mangelnde Entschlossenheit gegenüber dem Iran vorwirft, warb Außenministerin Tzipi Livni dieser Tage um engere Kooperation.

Solange Israel freilich in der weiterhin zentralen Palästinenser-Frage am Siedlungsausbau in den besetzten Gebieten festhält, werden die umworbenen Araber wohl ihr tiefsitzendes Misstrauen gegenüber den "Zionisten" nicht verlieren.