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Rätselraten um Ausbau von Temelin

Von Klaus Huhold

Europaarchiv

Tschechischer Premier Topolanek traf Kanzler Gusenbauer. | Ministerpräsident innenpolitisch unter Druck. | Wien. Das Verhältnis zwischen Österreich und der Tschechischen Republik ist nicht das harmonischste: Vor allem das umstrittene Atomkraftwerk Temelin sorgt immer wieder für Streit. Dieses war auch gestern, Montag, Thema bei dem Staatsbesuch von Tschechiens Premier Mirek Topolanek bei Bundeskanzler Alfred Gusenbauer.


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Denn Temelin hat wieder einmal viel Staub aufgewirbelt. So wurde in den vergangenen Tagen in tschechischen Medien kolportiert, dass der Temelin-Eigner CEZ das Atomkraftwerk um zwei weitere Reaktorblöcke erweitern will. Gusenbauer meinte jedoch bei einer Pressekonferenz im Bundeskanzleramt, dass Topolanek ihm versichert habe, "dass keine diesbezüglichen Genehmigungsanträge vorliegen".

Dies bedeutet allerdings nicht, dass es auch in Zukunft keine Anträge geben wird. Toplolanek selbst äußerte sich ausweichend über einen möglichen Ausbau Temelins: Österreich habe beschlossen, die Kernkraft nicht zu friedlichen Zwecken zu nutzen - anders als die Tschechische Republik.

Zufrieden zeigten sich beide Seiten mit dem bisherigen Voranschreiten der interparlamentarischen Kommission zu Temelin. Gleichzeitig betonte Gusenbauer aber, dass deren Arbeit noch nicht beendet sei. Es bleibt festzustellen, "ob wir der Ansicht sind, dass der Melker Prozess abgeschlossen ist oder nicht". Österreich behalte sich neue Schritte vor.

Schengen: Intensivere Zusammenarbeit

Gusenbauer wehrte sich aber zugleich dagegen, dass die Beziehungen zwischen Tschechien und Österreich nur über Temelin definiert werden. Er verwies auf die engen wirtschaftlichen Verflechtungen, von denen Österreich profitiere.

Enger soll zukünftig auch die Kooperation beim Schengen-Raum werden, dem Tschechien erst kürzlich beigetreten ist. Die Zusammenarbeit soll auf polizeilicher Ebene intensiviert werden, sagte Topolanek.

Der Wien-Besuch des tschechischen Premiers fällt in eine Zeit, in der dieser mit innenpolitischen Turbulenzen konfrontiert ist. Topolanek beschwerte sich vor wenigen Tagen, dass die christdemokratische KDU-CSL - ein Koalitionspartner der Partei des Premiers, der rechtsliberalen ODS - Druck auf ihn ausüben würde, Ex-Vizepremier Jiri Cunek wieder in die Regierung zu holen. Der Vorsitzende der KDU-CSL ist mit Korruptionsvorwürfen konfrontiert. Topolanek deutete an, sich eine Rückkehr Cuneks vorstellen zu können.

Dies rief jedoch einen Protest beim zweiten Koalitionspartner der ODS, den Grünen, hervor. Sie wittern dahinter ein Geschäft: Mit einer Rückkehr Cuneks würde sich die ODS die Stimmen der KDU-CSL für den ODS-Kandidaten Vaclav Klaus bei der Präsidentenwahl im Februar sichern.

In Tschechien wird der Präsident von Parlament und Senat gewählt. Die Grünen haben sich bereits festgelegt - sie unterstützen den Gegenkandidaten von Klaus, Jan Svejnar. Und das, obwohl dieser im Gegensatz zur Umweltpartei die Atomkraft befürwortet.