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Fast vier Wochen schon steht der schmucke Weihnachtsbaum, ein Geschenk aus Niederösterreich für die Berliner, vor dem Abgeordnetenhaus. Heute, am 24. Dezember, hat er ebenso ausgedient wie sein 32 | m hoher Konkurrent aus der Mark Brandenburg, der den größten hauptstädtischen Weihnachtsmarkt am Alexanderplatz ziert.
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Rund drei Millionen Besucher haben sich hier seit der Eröffnung am 22. November durch das 26.000 m² große Areal geschoben, auf dem etwa 150 Geschäftsleute in 30 weihnachtlichen Holzbuden ihr
Warensortiment anboten und über 100 Gaststätten und Fahrgeschäfte jung und alt erfreuten. Auf der großen Bühne zeigten 830 Künstler und Schauspieler ein abwechslungsreiches Programm.
Seit Anfang des 17. Jahrhunderts gibt es in Berlin Weihnachtsmärkte. Heute gehört es in allen Stadtteilen zur Tradition, einen "eigenen" Markt zu veranstalten: Über 30 waren es heuer.
Auffällig in diesem Jahr war das riesige Angebot von hölzernen Pyramiden Schwibb- Bögen, Nussknackern und Räuchermännchen mit immensen Preisunterschieden. Hier der grimmige Nussknacker für 8 Mark
das Stück, in der Bude nebenan für den fünf- bis achtfachen Preis. Im Aussehen kaum zu unterscheiden.
Der gewiefte Berliner weiß, er muss auf der Unterseite nach dem Prägestempel "Echt Erzgebirge" suchen, um ein originales "Raachermannes" von einem billigen Plagiat aus Fernost · oft mit einem
täuschenden Aufkleber "Germany" versehen · zu unterscheiden.
Hier liegt ein Problem für die 2.000 Kunsthandwerker und Spielzeughersteller des sächsischen Erzgebirges. In der DDR arbeiteten sie in verschiedenen Filialen des Volkseigenen Betriebes "Vereinigte
Erzgebirgische Spielzeugwerke Olberhau", die nach der Wende durch Privatisierung umfangreiche Entlassungen und Wende-Wirren zusammenschrumpften. Heute bestehen zirka 200 Kleinbetriebe, die zum Teil
wie früher genossenschaftlich organisiert sind und bei einem Handarbeitsanteil von 80 Prozent als Manufakturen arbeiten. Der Verband Erzgebirgischer Kunsthandwerker und Spielzeughersteller
erwirtschaftet mit seinen 79 Mitgliedsbetrieben einen Gesamtumsatz von 80 Mill. Mark im Jahr. Allein der "Großbetrieb" Kunsthandwerkliche Werkestätten Olbernau (KWO) liegt mit 2 Mill. Mark gut im
Amerika-Geschäft, was etwa 20 Prozent des KWO-Umsatzes ausmacht.
Die Wiedereröffnung der staatlich geförderten "Spielzeugschule Seiffen" mit rund 100 Lehrlingen sichert den Nachwuchs für die Handwerksbetriebe. Die Ausbildungsplätze sind begehrt, obwohl im
Erzgebirge weit unter Tarif gearbeitet wird. Tariflohn von 16 Mark wird nur in einem einzigen Betrieb gezahlt, meist bleibt es bei 8 bis 12 Mark.
Gegen die Überschwemmung mit fernöstlichen Plagiaten wird mit Erfolg geklagt. Die unlauteren Geschäftspraktiken schlagen sich nämlich pro Jahr mit einer zweistelligen Millionensumme negativ zu Buche.
Gegen den dreisten Nachbau erzgebirgischer Originale wurden seit 1994 neun rechtskräftige Urteile, sogar ein Urhebenrechtschutz, erstritten. Aber die Prozesse sind langwierig, ziehen sich oft über
Jahre hin und sind teuer. Und wo Händler mit Plagiaten auf Märkten auftauchen, ist nicht immer ein wachsames Auge da. Der Kunde kann oft nicht die echte Holzkunst von der asiatischen Konkurrenz
unterscheiden.
So gleicht der Kampf um den Rechtsschutz für Räuchermännchen · 120 verschiedene Exemplare gehören gegenwärtig zur Mannschaft · oft einem Wettlauf. Jörg Felber aus Venusberg kreiert jedes Jahr neue
Räucherfiguren: Heuer hat er die traditionellen Waldarbeiter und Förster ergänzt durch einen Klempner, einen Schweißer und eine Krankenschwester. Aber wie lang wird es dauern, bis auch sie
"Nachgemachte" sind?