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"Saustall", "Mund halten" und "niveaulos". Der Streit um die ÖBB-Reform entgleist verbal. | Wien. Der Ton im Streit um die ÖBB-Reform wird schärfer, die Positionen verhärten sich. Bei einem neuerlichen Schlagabtausch blieben sich Vizekanzler und Infrastrukturminister Hubert Gorbach und Eisenbahner-Gewerkschafter Wilhelm Haberzettl nichts schuldig. Haberzettl wirft Gorbach vor, vom Dienstrecht keine Ahnung zu haben, es sei daher besser er würde "den Mund halten". Der Minister wies die Aussagen als "niveaulos" zurück.
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SPÖ und FPÖ sehen angesichts des Wirbels um das Dienstrecht die Reform der ÖBB gescheitert. Beide Parteien fordern daher den Rücktritt Gorbachs.
Weiters geht Haberzettl auch mit dem ÖBB-Management hart ins Gericht, da es bei der Personalplanung außer einem "Saustall" nichts Positives zustande bringe. Bahn-Chef Martin Huber mischt aus dem Urlaub in Malaysia mit und attackiert die Gewerkschaft: "Nur weil das Management das Handeln an sich gezogen hat und nicht mehr der Gewerkschaft überlässt, heißt es nicht, dass nichts passiert." Außerdem bremse die Gewerkschaft bei Betriebsvereinbarungen und sei äußerst destruktiv.
Kündigungen oder Entlassungen
Der mittlerweile heftige Streit entzündete sich an einer Aussage Gorbachs, wonach das ÖBB-Dienstrecht mit Kündigungsschutz und Frühpensionierung geändert wird. Wie die "Wiener Zeitung" herausfand, handelt es sich dabei um eine Adaption des Eisenbahn-Strukturgesetzes, die allerdings in arbeitsrechtliche Belange eingreift. Ein Entwurf wurde von Verkehrsstaatssekretär Helmut Kukacka beim Arbeitsrechtler Wolfgang Mazal in Auftrag gegeben. Seit Anfang dieser Woche liegt der Vorschlag vor.
Laut diesem soll es dem ÖBB-Vorstand möglich gemacht werden, Arbeitnehmer auch gegen deren Willen in- und außerhalb des Konzerns zu beschäftigen: Wer sich nicht versetzen oder umschulen lässt, verstößt gegen die Dienstpflicht und muss mit der Entlassung oder Kündigung rechnen. Auf diese Art kann der verfassungsrechtlich abgesicherte Kündigungsschutz für Eisenbahner ausgehebelt werden.
Bisher waren Versetzungen aufgrund des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes nicht machbar, auch wenn der 2003 verhandelte Kollektivvertrag (KV) diese Erleichterung bereits vorsah. Doch der kommt nur dann zum Tragen, wenn es sich um eine Verbesserung handelt, sonst gilt weiterhin das Gesetz. Der neue Entwurf bringt aber nicht nur Erleichterungen für den ÖBB-Vorstand.
Einerseits könnte er Mitarbeiter flexibler einsetzen, andererseits würden die derzeit zum Zweck der Personalreduktion üblichen Frühpensionierungen erschwert. Denn diese wären nur noch möglich, sofern sich unbeschäftigte ÖBBler hartnäckig weigern, einen anderen Arbeitsplatz anzunehmen oder sich umschulen zu lassen.
Der Arbeitsrechtler Mazal versteht nicht, dass die ÖBB-Mitarbeiter wegen der Frühpensionierungen ständigen Anfeindungen ausgesetzt sind. Im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" erklärt er, dass es sich um eine Art des Arbeitslosengeldes handelt, da die Betroffenen enorme Abschläge in Kauf nehmen müssten. "Es ist für niemanden lustig, mit so wenig Geld auszukommen." Wäre jedoch von Arbeitslosen die Rede, dann könnten die ÖBBler sogar mit Mitgefühl rechnen.