Erwerbsfreiheit wird eingeschränkt. | Strenge Haftung für Konzernprüfer. | Reputation der Branche soll wieder hergestellt werden. | Wien. Da kommt etwas auf die heimischen Wirtschaftsprüfer zu: Die neuen Regelungen über die Abschlussprüfung von Kapitalgesellschaften sind zwar milder als das amerikanische Pendant, der Sarbanes-Oxley Act, doch die Anforderungen an die Wirtschaftsprüfer werden EU-weit hinauf geschraubt.
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Dadurch will man die in den vergangenen Jahren von Bilanzskandalen à la Parmalat, Bawag und Bank Burgenland gebeutelte Abschlussprüfung wieder ins rechte Licht rücken. Der Gesetzesentwurf, den die Justizministerin Maria Berger in Umsetzung der EU-Richtlinien vorgelegt hat, zielt deshalb vor allem darauf ab, die Unabhängigkeit der Wirtschaftsprüfer zu stärken. Diese dürfen künftig zwei Jahre nach Abschluss ihrer Prüftätigkeit keine leitende Stellung in dem geprüften Unternehmen einnehmen. Das gilt allerdings nur für große und börsenotierte Firmen und soll verhindern, dass man den Abschlussprüfer durch verlockende Stellenangebote milde stimmt, erklärt Martin Weber, zuständiger Referent im Justizministerium.
Verbot, Job zu wechseln
Helmut Kerschbaumer, Partner bei der Wirtschaftsprüfungskanzlei KPMG, sieht in dem befristeten Tätigkeitsverbot einen möglichen Verstoß gegen die Erwerbsfreiheit. "Man kann ja jemandem nicht verbieten, den Job zu wechseln", meint er im Gespräch mit der "Wiener Zeitung".
Neu ist auch die Ausdehnung der Ausschlussgründe wie etwa eine wirtschaftliche oder sonstige Verflechtung zwischen Prüfer und geprüfter Gesellschaft. Die Ausschlussgründe sollen künftig nicht nur für den einzelnen Abschlussprüfer, sondern auch für dessen Netzwerk gelten. Konkret heißt das, dass ein Prüfer ein Unternehmen nicht prüfen darf, wenn eine andere Gesellschaft aus dem Netzwerk für dieses Unternehmen etwa Beratungsleistungen erbringt, die über ein gewisses Ausmaß hinaus gehen. Bei einem Verstoß verliert der Prüfer nicht nur seinen Honoraranspruch. Viel schlimmer: Die Haftungsbeschränkung, wenn dem Unternehmen durch die Prüfung ein Schaden entsteht, fällt weg.
Was allerdings unter einem Netzwerk zu verstehen ist, dürfte noch nicht so ganz klar sein. Weber räumt gegenüber der "Wiener Zeitung" ein, dass es "sicher nicht einfach zu beurteilen sein wird, was ein Netzwerk ist". Das wertet er aber auch positiv, denn "die Prüfer werden vorsichtig sein". Ein Netzwerk wird wohl vor allem durch einen gemeinsamen Auftritt nach außen - beispielsweise eine gemeinsame Marke - definiert.
Für Kerschbaumer bedeutet diese Änderung nicht viel Neues. Die "Big Four" Wirtschaftsprüfungsunternehmen (Deloitte, Ernst & Young, KPMG, PricewaterhouseCoopers), die aus mehreren Gesellschaften bestehen, würden schon jetzt sicherstellen, dass bei der Abschlussprüfung keine Unabhängigkeitsgefährdung durch die Tätigkeit einer ihrer anderen Gesellschaften vorliegt. Schwieriger wird es laut dem Wirtschaftsprüfer für kleine Prüfungsunternehmen, die durch verstärkte interne Kontrollen mehr Verwaltungsaufwand hätten.
Clemens Völkl, Gesellschaftsrechtsexperte bei der Rechtsanwaltskanzlei Hule Bachmayr-Heyda Nordberg, glaubt überhaupt, dass mit der Gesetzesänderung auf kleinere Wirtschaftsprüfungskanzleien härtere Zeiten zukommen. Dabei verweist er auf die neue Hauptverantwortlichkeit des Prüfers für den Konzernabschluss.
Belastung für Kleine
"Früher waren Konzern-Prüfer aus dem Schneider, wenn die Abschlüsse von Tochtergesellschaften schon geprüft worden waren", erklärt Völkl. In Zukunft trifft den Abschlussprüfer beim Konzernabschluss eine Überwachungspflicht gegenüber den Prüfungen der Töchtergesellschaften. Für Völkl stellt sich die Frage, wie die Überwachung konkret ausschauen soll. Für kleine Wirtschaftsprüfer würde das jedenfalls eine Belastung darstellen.
Ob groß oder klein, strengere Regeln gibt es, was die Honorare betrifft. Diese müssen im Prüfbericht offengelegt werden und müssen angemessen sein. Das bedeutet allerdings nicht nur eine Begrenzung nach oben hin. Auch ein zu niedriges Honorar ist verdächtig. Dieses wird nämlich meist durch eine lukrative Beratungstätigkeit im geprüften Unternehmen ausgeglichen. In Zukunft sind solche Abmachungen ausdrücklich verboten.