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Die Erwartung des übl(ich)en Abtauschs von vorfabrizierten Parteienmeinungen "im Zentrum" wurde Sonntag angenehm enttäuscht. Dem schablonenhaften Boulevardtitel der Sendung ("Wie tickt Österreich - Zwischen Operettenstaat und Bananenrepublik?") folgte eine vernünftige Diskussion. Was anhand der Fragen von Ingrid Thurnher vorerst als lustvolle Selbstgeißelung angelegt schien, entpuppte sich als recht harte Analyse des österreichischen Selbstverständnisses: Die Österreicher verharrten raunzend über mögliche Verschlechterungen ängstlich im Durchschnitt; Spitzenleistungen würden nicht anerkannt, sondern oft neidvoll kleingeredet.
Dennoch verendete das Gespräch, bei dem die Teilnehmer gegenseitig auf die jeweiligen Argumente eingingen, nicht im Fatalismus des "da kann man eben nix machen", sondern zeigte erfrischend optimistisch Auswege auf. Die Rektorin der Veterinärmedizin, Sonja Hammerschmid: Österreich habe genug Humankapital an Begabungen und Engagement, die nicht zwangsweise durch die Bildungspolitik bereits ab dem Kindergarten nivelliert werden müssten. Wie auch der Humangenetiker Markus Hengstschläger und Armin Assinger aufzeigten, dass Talentsuche und Talentförderung wesentliche Auswege aus der gegenwärtigen Durchschnittlichkeit sind, die unsere Zukunft immer mehr verbaut. Des Zusehers bange Frage: Besteht nach diesem positiven Start ins Neue Jahr Hoffnung, dass "im Zentrum" nicht schon nächste Woche wieder ins Genre der Parteienbelangsendung abstürzt?