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Wie immer die Machtprobe zwischen der Unterrichtsministerin und der Lehrergewerkschaft ausgehen wird, ein Verlierer steht schon jetzt fest: das bildungspolitische Klima beziehungsweise die Perspektiven für die weitere Schulentwicklung. Das "Worst case"-Szenario wäre ein Erfolg der gewerkschaftlichen Blockadepolitik. Von ihm würde das Signal ausgehen, dass Realitätsverweigerung und Inkompetenz in diesem Land allemal reüssieren können, wenn sie nur mit der nötigen Sturheit vertreten werden.
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Aber auch ein Erfolg von Claudia Schmied hätte einen unangenehmen Beigeschmack. Aus der Sicht der Lehrer wäre nicht die Gewerkschaft, sondern ihre Berufsgruppe in die Knie gezwungen worden.
Während das Ansehen der Lehrer auf einen Tiefpunkt zusteuert, nimmt gleichzeitig ihre Verbitterung immer größere Ausmaße an. Schon macht die Rede vom "Dienst nach Vorschrift" die Runde. Das ist jene Trumpfkarte, die von den Angehörigen des geschützten Bereichs immer dann ausgespielt wird, wenn sie sich in den Schmollwinkel gedrängt fühlen. Schon jetzt machen einige Lehrer nicht mehr, als sie unbedingt müssen. Genau darin besteht das viel zitierte "Bandbreiten-Phänomen": Es gibt viele sehr engagierte Lehrer, aber ebenso viel begnadete "Minimalisten". Bei letzteren handelt es sich nicht um die "schwarzen Schafe" (das wären jene, die auch das Minimum verweigern), sondern um Lehrer, welche die Leitlinie ihrer Gewerkschaft verinnerlicht haben: "Maximierung des Gehalts bei Minimierung des Aufwands". Eine Katastrophe für die Schule wäre es freilich, sollten auch die derzeit engagierten Pädagogen auf diese Devise einschwenken.
Der Kern des derzeitigen Dilemmas besteht darin, dass die Mehrzahl der Lehrer sich in einer Gewerkschaft gut aufgehoben fühlt, welche die Professionalisierung dieses Berufs nicht fördert, sondern behindert. Für eine Profession wäre der Schmollwinkel und der Dienst nach Vorschrift keine Option, weil - sowohl aus Gründen der intrinsischen Motivation wie der Berufsethik - die Beschäftigten selbst, nicht nur der Arbeitgeber, Verantwortung für die Qualität ihrer Arbeit übernehmen würden. Damit einher ginge die Bereitschaft, die eigene Praxis zu hinterfragen und Reformmaßnahmen nicht schon aus dem Grund reflexartig abzuwehren, weil man das in den letzten hundert Jahren auch nicht gemacht hat.
"Beton ist ein guter Werkstoff", meinte kürzlich - auf sein Image angesprochen - Gewerkschaftshäuptling Fritz Neugebauer. Stimmt für die Konstruktion von Bauten, die sich nicht bewegen sollen. Das österreichische Bildungswesen muss sich aber bewegen, daher sollte es sich vom übermächtigen Einfluss der Betonköpfe befreien.
Der Autor leitet an der Universität Klagenfurt das Institut für Wissenschaftskommunikation und Hochschulforschung