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Raus aus der Echokammer, rein in die Politikreparatur

Von Stefan Schartlmüller

Gastkommentare
Stefan Schartlmüller ist Mitgründer der IG Demokratie (www.ig-demokratie.at) und Gemüsegärtner.
© privat

Internationale Beispiele zeigen: Durch die Einbindung der Bevölkerung kann die Gestaltung zukunftsfähiger Politik gelingen.


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Mit der Ankündigung eines Klimarates mit zufällig und repräsentativ aus dem Melderegister Eingeladenen folgt Umweltministerin Leonore Gewessler internationalen Vorbildern. Sie erfüllt damit auch eine Forderung des Klimavolksbegehrens und verschiedener Initiativen.

In Frankreich gab es voriges Jahr den großen "nationalen Klimakonvent". Ein Jahr später macht sich Ernüchterung breit, weil die Regierung von Emmanuel Macron viele Ergebnisse nicht umsetzen will, da diese zu radikal wären. Auch in Vorarlberg, wo seit mehreren Jahren landesweite Bürgerinnen- und Bürgerräte regelmäßig auf dem Programm stehen, gibt es öfters Frust. Aus den Räten übernimmt die Landesregierung tendenziell nur Ergebnisse, die ohnehin schon in Regierungsprogrammen notiert waren oder dazu passen. Zur Frage, wie solche Prozesse adäquat an die bestehenden Strukturen andocken können, gibt es aus diesen Beispielen also noch einiges zu lernen.

Fakt ist: Die Menschen, die an solchen Prozessen teilnehmen, sind durchwegs begeistert. Durch die Zufallsauswahl und eine gut moderierte Debatte eröffnen sich Perspektiven, die in den Echokammern und Meinungsblasen nicht auftauchen. Gegensätzliche Standpunkte können quasi im geschützten Rahmen geordnet aufeinanderprallen, wodurch Verständnis für das Gegenüber entstehen und sich auch eine festgefahrene Meinung einmal ändern kann. Richtiges gemeinsames Gestalten wird möglich. Dahinter steckt in Zeiten von Fake News, gesellschaftlicher Spaltung und Polarisierung viel Potenzial. Was können wir also als Gesellschaft, als von den politischen Entscheidungen betroffene Menschen tun, um bei dem auch in der Zivilgesellschaft gefühlt noch unterschätzten Thema Beteiligung etwas zu bewegen?

Die (Regierungs-)Parteien haben in den vergangenen Jahren beim Thema Demokratie-Reform gebremst. Mit den neuen Beteiligungswerkzeugen in der Hand könnte jedoch an einem neuen Selbstverständnis an neuen Zugängen gearbeitet werden.

Warum scheinen die Parteien allein zuständig zu sein für die Frage, wie wir Politik machen? Es ist unser aller Wahlrecht, unser aller politische Bildung, "unser ORF" - alles Bereiche, in denen es Zeit für Updates ist. Wir brauchen also nicht nur einen Klimarat. Wir sollten uns als Menschen, auch mit völlig unterschiedlichen Ansichten, aktiv einmischen in eine zukunftsfähige, wirksame Gestaltung unserer politischen Strukturen.

Schon einige Monate, bevor die Regierung nun den Klimarat angekündigt hat, starteten die drei zivilgesellschaftlichen Initiativen Respekt.net, IG Demokratie und Mehr-Demokratie-Österreich gemeinsam ein Projekt, das diesem offenen Anspruch Gewicht verleihen will. Mit der Kampagne "Zukunftsrat Demokratie" und mit einem bundesweiten Bürgerinnen- und Bürgerrat zur Weiterentwicklung der Demokratie soll ein offener Prozess zur Zukunft der politischen Strukturen in Österreich beginnen.