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Raus aus der Fossilflation

Von Erich Silhanek

Gastkommentare
Erich Silhanek ist Managing Partner der Wachstumsberatung &US (www.and-us.com), die nationale und internationale Unternehmen und Organisationen bei der Markenpositionierung, Strategieentwicklung und Implementierung von Wachstumslösungen berät.
© &US

Rein in grüne Technologie. Das senkt nachweislich die Inflation.


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Frage für einen Freund: Seit mehr als 100 Jahren hängt der Arme von fossilen Brennstoffen ab, wie ein Junkie von seinem nächsten Schuss. Er spürt den Entzug vom zu knappen Angebot und von den obszön hohen Treibstoffpreisen wie selten zuvor. Sein Beziehungspartner hält mit seinem Zusammenspiel des Treibstoffpreises und des Preises für alle anderen Güter Menschen und Wirtschaft in einem Würgegriff. Politiker haben sich als keine guten Beziehungsratgeber erwiesen, mit ihren Preisdeckelversuchen.

Mein Freund meint, mit Steuermilliarden auf die Spritpreisbremse zu treten, ist etwa so intelligent, wie 1,5 Gramm Ibuprofen bei einer riesigen Schnittwunde zu schlucken. Sobald die Wirkung der Bremse nachlässt, haben wir auch nicht mehr Treibstoff. Also mehr Angebot für die hohe Nachfrage und damit einen günstigeren Preis. Nur, weil wir viel Steuergeld verprasst haben. Zu denken gibt auch Mark Zandi, Chefökonom von Moody’s Analytics. Er sagt: "Fossile Brennstoffe sind eine Hauptursache für jede Inflationsperiode seit dem Zweiten Weltkrieg. Jeder Rezession seit dem Zweiten Weltkrieg ging ein Ölpreissprung voraus."

Mein Freund heißt Österreich. Was würden Sie ihm raten nach einer mehr als 100-jährigen toxischen Beziehung zur Fossilflation? Ja, den Begriff gibt es tatsächlich. Er beschreibt die preistreibende Wirkung von fossilen Brennstoffen. Isabel Schnabel, Mitglied des Direktoriums der Europäischen Zentralbank (EZB), verwendet ihn als genauere Beschreibung der aktuellen Inflationsprobleme. Sie sagt: "Die Fossilflation spiegelt die Altkosten der Abhängigkeit von fossilen Energiequellen wider."

Fossile Brennstoffe werden als Rohstoffe gehandelt, und ihre Preise schwanken historisch enorm. Was Verbraucher gerade leiden lässt wie hitzegebeutelte Haustiere auf dem Autorücksitz, beschert den 50 weltgrößten Öl- und Gasunternehmen wegen der hohen Preise im heurigen Jahr bisher 111 Milliarden Euro Gewinn. Die Subventionen und Steuererleichterungen, beides milliardenschwer, sind da noch nicht dabei. Warum kommen diese "Übergewinne" in Form von Steuereinnahmen nicht schon längst wieder bei der Bevölkerung an?

Natürlich gibt es auch die sogenannte Greenflation - eine preistreibende höhere Nachfrage nach Kupfer, Lithium und Kobalt, die für saubere Technologien benötigt werden. Aber erneuerbare Energien dämpfen schon jetzt Preissteigerungen durch sauberen und preisgünstigen Strom. Der Energiewandel von einer einzigen endlichen Quelle hin zu einer Vielfalt erneuerbarer Energien aus Wasser, Wind und Sonne ist nicht nur nachhaltiger, er befreit uns auch von der Volatilität der Ölmärkte. Hinzu kommt, dass Technologien zur Nutzung erneuerbarer Energieträger besser und billiger werden.

Rewiring America, eine gemeinnützige Organisation für Elektrifizierung, fand heraus, dass ein Haushalt jährlich 1.700 Euro sparen kann, wenn er mit einer modernen elektrischen Wärmepumpe heizt, eine Wärmepumpe für die Warmwasserbereitung und eine Solaranlage installiert sowie ein Elektrofahrzeug nutzt. Noch würde unser Stromnetz das alles nicht in vollem Umfang stemmen. Deswegen muss der Umstieg schrittweise erfolgen. Das kostet natürlich viel Geld im Voraus, hilft aber, die Inflationsursache erheblich zu verringern.