Seit 2009 sperren Schnäppchen-Filialen in Wien verstärkt zu. | Ware wird in großen Mengen in Fernost eingekauft.
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Wien. In der Branche der Ein-Euro-Shops geht es derzeit so kunterbunt zu wie beim Warensortiment selbst: Einerseits fällt auf, dass bei vielen Läden etwa das Sonderangebots-Schild mit dem Hinweis "Filiale geschlossen" überklebt ist. Andererseits drängen deutsche Haushalts-Diskonter nach Österreich.
Bis zur Wirtschaftskrise schossen die Geschäfte, in denen von afrikanischen Statuen bis zum Zahnstocher alles zu Billigstpreisen verkauft wird, wie Pilze aus dem Boden. Im Gegensatz zu Textil- oder Lebensmittel-Diskontern ist in der Krise der Ansturm auf die Haushalts-Diskonter jedoch ausgeblieben. Im Gegenteil: "Das Geschäft läuft sehr schlecht, weil es der Wirtschaft schlecht geht. Früher kauften die Kunden einfach alles, ich hätte keine Zeit gehabt, mich mit ihnen an der Kassa zu unterhalten", erzählt der Betreiber einer Bestpreismarkt-Filiale. Vergangenen Monat musste der gebürtige Usbeke eines seiner drei Geschäfte im 17. Wiener Bezirk schließen.
Seit Weihnachten 2009 hätten viele Billig-Haushalts-Läden zugesperrt, bestätigt auch ein anderer Bestpreismarkt-Verkäufer. Vor allem ab Monatsmitte blieben Kunden aus. "Die Menschen haben mit Miete, Internet und Handy mittlerweile so hohe Fixkosten, dass sie bei den Schnäppchenkäufen sparen", so der gebürtige Israeli.
Betreiber sind oft Migranten-Familien
Wie viele Schnäppchen-Läden tatsächlich zugesperrt haben, ist selbst bei der Wirtschaftskammer nicht eruierbar. Viele Betriebe stehen im Eigentum von Familien mit Migrationshintergrund. Die leer stehenden Flächen werden wiederum unmittelbar von Mitbewerbern übernommen, die ihr Glück mit Kochtöpfen, Plastikblumen & Co. versuchen. Dazu zählen Allerlei, Kaufpunkt, Prozent, Komm und Kauf oder 1Euro Plus.
Die Schultasche gibt es dort meist schon ab 4,90 Euro, selbst die Marken-Buntstifte kosten um ein Drittel weniger als im Papierfachgeschäft. Der Grund: "Vielfach handelt es sich bei der Ware um Aufkäufe von Restposten, Artikeln aus Überproduktion oder Konkursmasse", sagt Handelsexperte Peter Schnedlitz von der Wirtschaftsuniversität Wien. Große Diskontketten wiederum können die Ware zu Billigpreisen anbieten, weil sie in großen Mengen, vor allem in Fernost, einkaufen.
Bisher ließen sowohl Sparkäufer als auch Spaßkäufer die Kassen dieser Märkte klingeln. "Seit es Ebay und Online-Shopping gibt, fallen den Billigläden viele Kunden weg", glaubt Schnedlitz. Zudem würden Unternehmen planungsorientierter produzieren, sodass weniger Überschuss übrig bliebe.
"Konkurrenz ist positiv, weil sie mehr Käufer bringt", sagt ein Betreiber eines Ein-Euro-Ladens auf der Meidlinger Hauptstraße. Damit meint er aber nicht Web-Plattformen, sondern deutsche Ketten, die nach Österreich drängen.
Deutsche Kette Tedi drängt nach Österreich
Im Vergleich zu Deutschland funktioniere das Geschäft in Österreich aufgrund der guten Sortimentspflege erstaunlich gut, so Tobias Dörrbecker, Chef des deutschen Haushalts-Diskonters Allerlei. In Wien gibt es zwei Allerlei-Läden, bis zu zwölf könnten in den nächsten zwölf Monaten bundesweit dazukommen.
Tedi, einer der führenden Billigläden Deutschlands, ist seit Mai hierzulande mit zwölf Filialen vertreten. An die 20 bis 30 neue Läden sollen pro Jahr folgen, lautet das Ziel des zur Tengelmann-Gruppe gehörenden Händlers. Tengelmann, zu der der Textil-Diskonter Kik gehört, ist seit 2010 Eigentümer der pleitegegangenen Billig-Haushaltskette Woolworth in Deutschland. Jener Kette, die vor 100 Jahren in den USA den Grundstein für das Schnäppchen-Konzept legte.