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Rausch auf Rezept

Von Alexandra Grass

Wissen
Bestimmte Inhaltsstoffe des Hanf spielen in der Medizin eine große Rolle.
© HMPPA

Cannabis ist die Arzneipflanze des Jahres - seine Bedeutung in der Medizin nimmt zu.


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Wien. Wer glaubt, dass mit der Kür des Hanf (Cannabis sativa) zur Arzneipflanze des Jahres der Bann gebrochen ist und ein Freibrief für einen Dauerrausch ausgestellt werden kann, der irrt gewaltig. Denn nach wie vor fällt das auch Gras genannte Rauschmittel unter das Suchtmittelgesetz. Doch einzelne Inhaltsstoffe - von insgesamt rund 500 - gewinnen immer mehr an Bedeutung und sind bereits für die Arzneimittelherstellung freigegeben. Die aus der Pflanze extrahierten Reinsubstanzen THC (Tetrahydrocannabinol) und CBD (Cannabidiol) helfen etwa gegen Schmerzen oder Übelkeit, betonten am Donnerstag Experten der Herbal Medicinal Products Platform Austria (HMPPA) bei der Präsentation ihrer diesjährigen Auswahl.

"In Österreich wird Cannabis sativa einerseits wegen der langen Fasern als Faserhanf landwirtschaftlich im Feldanbau genutzt. Andererseits wird die Pflanze seit kurzem von der Österreichischen Agentur für Ernährungssicherheit wegen ihres Gehaltes an Cannabinoiden als Drogenhanf für die Isolierung von Reinsubstanzen wie Dronabinol unter streng kontrollierten Bedingungen im Gewächshaus kultiviert", erklärte HMPPA-Vizepräsident Chlodwig Franz von der Veterinärmedizinischen Uni Wien.

Exakte Dosis möglich

Bei Dronabinol handelt es sich um das am besten untersuchte Cannabinoid und den pharmakologisch wichtigsten Cannabisinhaltsstoff, nämlich THC. Dieser wurde in den 1960er erstmals aus dem Hanf isoliert. Der Wirkstoff wird heute etwa zur Schmerzbehandlung bei Tumorerkrankungen oder gegen Übelkeit bei Krebstherapien eingesetzt. "Cannabinoide können starke Opioide keinesfalls ersetzen, aber deren Wirkung steigern und deren Nebenwirkung wie Appetitmangel oder Übelkeit reduzieren", bestätigte auch Georg Kress von der Abteilung für spezielle Anästhesie und Schmerzmedizin an der Medizinischen Universität Wien.

In Studien wurde ebenso schon die Wirkung von CBD belegt, einem nicht berauschenden Inhaltsstoff der Cannabispflanze. Aus diesem Grund unterliegt die Substanz weder dem Arzneimittel-, noch dem Suchtmittelgesetz. Die am besten untersuchten Einsatzgebiete für die Substanz sind frühkindliche Epilepsien oder kindliche Schizophrenie. Derzeit ist CBD in Österreich eine Rezeptursubstanz für magistrale Zubereitungen. Doch schon in absehbarer Zeit soll auch Cannabidiol erstmals als Arzneistoff auf den österreichischen Markt kommen.

Die in Arzneimittelqualität hergestellten Reinsubstanzen haben den Vorteil, dass sie je nach Bedarf exakt dosiert werden können, betonte Kress. Daher sei eine seriöse Trennung zwischen Rauschmittel und Cannabinoiden in der Medizin extrem wichtig. Denn in der Pflanze schwanken die Konzentrationen der Wirkstoffe mitunter sehr stark. Bei THC kann ein Gehalt von 0,1 bis 25 Prozent gemessen werden. Bei CBD gibt es eine Schwankungsbreite von 0,1 bis knapp zehn Prozent, erklärt Rudolf Bauer vom Institut für Pharmazeutische Wissenschaften der Karl-Franzens-Universität Graz.

"Es gibt keinen Patienten, der in Österreich illegal zur Cannabispflanze greifen muss, um die nachgewiesene Wirkung bestimmter Cannabinoide zu nutzen", betonte Kress. Für die Verordnung THC-hältiger Präparate durch den Arzt ist ein Suchtgiftrezept - versehen mit einer "Suchtgift-Vignette" - erforderlich. THC-freie Zubereitungen aus Hanf wiederum können als Nahrungsmittel gekauft werden. Doch aufgrund variierender Mengen an Inhaltsstoffen seien diese für Therapiezwecke nicht geeignet.

Die HMPPA kürt jährlich die Arzneipflanze des Jahres. 2017 war das Mutterkraut ausgewählt worden, das bei Migräne zum Einsatz kommt.