Zum Hauptinhalt springen

Razzia-Befehl gegen Flick-Stiftung

Von Stefan Melichar

Wirtschaft

Doppelrolle von Ex-Bankchef Kulterer im Visier.|Staatsanwalt wollte Sitzungsprotokolle, Vorstandsbeschlüsse und Aktenvermerke.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 12 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Wien. Das seit Ende Juni vorliegende Sachverständigengutachten zu Vorzugsaktiendeals der Kärntner Hypo in den Jahren 2006 bis 2008 - die "Wiener Zeitung" berichtete - hat offenbar zu weiteren, bemerkenswerten Ermittlungen in der Causa geführt: Am 5. Juli ordnete der zuständige Staatsanwalt - nach Bewilligung durch das Landesgericht Klagenfurt - sogar die Durchsuchung von Räumen und allfälligen Kellerabteilen der Flick Privatstiftung in der Wiener Innenstadt an.

Laut Anordnungsschreiben, das der "Wiener Zeitung" vorliegt, sollten "aus Beweisgründen" Geschäftsunterlagen wie Protokolle von Vorstandssitzungen, Vorstandsbeschlüsse, Notizen oder Aktenvermerke sichergestellt werden - insbesondere solche, die sich auf die Hypo-Vorzugsaktiendeals beziehen. Die Ermittler interessieren sich dabei nicht nur für die beiden Vorzugsaktienkäufe im Gesamtausmaß von 25 Millionen Euro, die die Flick Privatstiftung im Jahr 2007 getätigt hat, sondern auch für die beiden Aktienerwerbe über insgesamt 14 Millionen Euro durch Milliardärswitwe Ingrid Flick persönlich.

Allerdings hat die Staatsanwaltschaft nicht Flick im Visier, gegen die auch in der Durchsuchungsanordnung keinerlei Vorwürfe erhoben werden: Die Ermittler erhoffen sich Klarheit über die heikle Doppelfunktion von Ex-Hypo-Chef Wolfgang Kulterer, der - teilweise gleichzeitig - Hypo-Aufsichtsratschef und Vorstand der Flick-Stiftung war.

"Kein Kernkapital"

Die Staatsanwaltschaft hegt den Verdacht, dass die Hypo einigen früheren Vorzugsaktionären - darunter Flick und die Flick-Stiftung - zu viel an Dividenden bezahlt hat. Diese Vorzugsaktionäre hätten ein "Kündigungsrecht" (sogenannte Put-Optionen) erhalten, wodurch die Vorzugsaktien in der Hypo-Konzernbilanz nicht als Kernkapital verbucht werden hätten dürfen. Die Hypo habe "kein Kernkapital, sondern nur Liquidität geringeren Werts" erhalten, heißt es in der Anordnung: Die erhofften Geschäftsunterlagen könnten "verlässlich (zusätzlichen) Aufschluss darüber liefern, dass (auch) Dr. Kulterer vollständig über die Put-Optionen informiert war und als Mitglied des Vorstands der Flick Privatstiftung Investitionsentscheidungen getroffen hat, denen eben das Wissen über Put Optionen zugrunde lag".

Kulterer hat sämtliche Vorwürfe immer zurückgewiesen. Der Vorstand der Flick-Stiftung bestand aus mehreren Personen. Offiziell bei den Vorzugsaktienkäufen vertreten hat Kulterer die Stiftung - soweit bekannt - jedenfalls nicht. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen zahlreiche weitere Personen - darunter ehemalige Hypo-Manager und -Aufsichtsräte - wegen des Verdachts auf Untreue und Bilanzfälschung. Alle haben jegliches Fehlverhalten immer bestritten. Ein Sprecher Flicks und der Flick-Stiftung war am Freitag für eine Stellungnahme nicht erreichbar. Möglicherweise hat die Stiftung die Unterlagen freiwillig herausgegeben. Auf diese Weise kann man eine tatsächliche Durchsuchung abwenden.