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Durchsuchung im Bundespräsidialamt - verdächtiges Material beschlagnahmt.
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Berlin. Keine schönen Aussichten vom Berliner Schloss Bellevue, dem Amtssitz des deutschen Bundespräsidenten. Wie am Wochenende bekannt wurde, waren Ermittler vergangenen Donnerstag in das Bundespräsidialamt eingedrungen, den ovalen Glaspalast, der unmittelbar neben dem malerischen Schloss steht. Mittelpunkt des Ermittlungsinteresses: das frühere Dienstzimmer von Olaf Glaeseker, dem Ex-Sprecher und engsten Vertrauten von Christian Wulff.
Den Durchsuchungen ging ein richterlicher Beschluss des Amtsgerichtes Hannover voraus. Es bestünde ein qualifizierter Tatverdacht auf Bestechung, so Hans-Jürgen Lendeckel, ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Hannover. Glaeseker soll im Rahmen der privaten Veranstaltungsreihe "Nord-Süd-Dialog" wirtschaftliche Vorteile für sich lukriert haben. Er steht vor allem im Verdacht, Sponsoren zur Finanzierung dieser Veranstaltungen vermittelt und dafür unter anderem Reisegeschenke als Gegenleistung entgegengenommen zu haben. Computerdateien und Unterlagen wurden beschlagnahmt. Laut Staatsanwaltschaft Hannover hat sich der Tatverdacht gegen Glaeseker erhärtet. Der ehemalige Weggefährte Wulffs selbst hat zu den Vorwürfen bis dato noch nicht öffentlich Stellung bezogen.
Eine Durchsuchung im Bundespräsidialamt habe es in der Geschichte der Bundesrepublik bisher noch nicht gegeben, sagte der rechtspolitische Sprecher der SPD-Bundesfraktion Burkhard Lischka der "Berliner Zeitung" am vergangenen Montag. Der SPD-Politiker forderte Wulff in diesem Gespräch explizit zum Amtsverzicht auf. Auch SPD-Parteichef Sigmar Gabriel zeigte sich empört: "Dass Staatsanwaltschaften Durchsuchungsbeschlüsse für das Bundespräsidialamt fassen, ist ein Tiefpunkt in der demokratischen und politischen Kultur unseres Landes", so Gabriel. Diese Ansicht dürfte die Bevölkerungsmehrheit teilen. Jüngsten Umfragen zufolge sprechen sich über 50 Prozent der Deutschen für einen Rücktritt Wulffs aus.
Dass die erfolgte Razzia den Druck auf Wulff einmal mehr erhöht, ist nicht von der Hand zu weisen. Zumal der Bundespräsident Glaeseker Ende Dezember ohne offizielle Begründung entlassen hatte.