Polizei durchsucht Ministerien, Premier Necas unter massivem Druck.
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Prag. Mit einem Rundumschlag gegen die Korruption hat die tschechische Polizei am Donnerstag die Republik in ihren Grundfesten erschüttert. Direkt im Regierungsamt, aber auch auf dem Prager Magistrat, dem Verteidigungsministerium und verschiedenen staatlichen und privaten Firmen im ganzen Land haben die Elitepolizisten der Abteilung für organisiertes Verbrechen Festnahmen getätigt und Razzien durchgeführt. Rund 40 Leute sollen auf der Liste der Anti-Korruptions-Polizei stehen.
Bisher dickster Fisch, dessen Verhaftung den Fall der Regierung herbeiführen könnte: Jana Nagyova, Kabinettschefin, engste Vertraute und angebliche Geliebte von Ministerpräsident Petr Necas. Aber auch weitere tschechische Politprominenz sitzt derzeit hinter schwedischen Gardinen: ehemalige Vorderbänkler der regierenden Bürgerpartei ODS, ein Staatssekretär und ein ehemaliger Chef des militärischen Geheimdienstes, um nur ein paar zu nennen. Entwischt sind der Polizei allerdings die sogenannten "Prager Paten" Ivo Rittig und Roman Janousek, die jahrelang die Fäden der Hauptstadt in den Händen hielten. Beide Verdächtigen waren offensichtlich im Voraus von der Polizeiaktion informiert worden. Sie hatten sich schon am Mittwoch ins Ausland abgesetzt.
Worum es konkret geht, war bei Redaktionsschluss noch nicht bekannt. Von einem "gigantischen" Skandal, der die Verknüpfung von Politik und Verbrechen belegt, sprach der sozialdemokratische Oppositionspolitiker Lubomir Zaoralek. Er glaubt, die Verhaftungen hängen mit der Finanzierung der ODS zusammen. "Falls sich das bestätigt, kann ich mir nicht vorstellen, dass die Regierung Necas weitermacht", so Zaorálek.
Angesichts des Ausmaßes der ganzen Aktion ist wahrscheinlich, dass hier ein ganzes Netz an Korruption und Klüngelei zerschlagen wird. Mit der Festnahme seiner engen Vertrauten Nagyova ist die Situation für Ministerpräsident Necas mehr als brenzlig. Kaum jemand gibt ihm noch eine Chance, politisch zu überleben. Necas selbst lehnt einen Rücktritt aber ab und verteidigt seine Vertraute: "Ich bin davon überzeugt, dass sie nichts Unehrliches getan hat."