In der Ausländerpolitik hört die SPÖ auf die Stimmung. | Worüber man nicht schweigen kann, darüber muss man reden. An dieser Umkehrung des Wittgensteinschen Gebots kommt keine politische Kraft vorbei - schon gar nicht in einem Wahljahr. Die Probleme mit der Integration von bereits im Land lebenden (Nicht-EU-)Ausländern sowie die Organisation der - demografisch gebotenen - Zuwanderung sind einfach Themen, die die Menschen bewegen.
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Dabei ist unübersehbar, dass sich der Grundton dieser Diskussion spürbar verändert hat: Ein nüchterner Blick auf die Notwendigkeiten der Realität hat das ideologisch Wünschenswerte - egal, ob linker oder rechter Provenienz - abgelöst. Anders als in den 90er Jahren eignet sich dieses Thema nicht mehr zum Kulturkampf. Daran ändert auch der im freiheitlichen Lager derzeit ausgetragene Wettstreit um die Lufthoheit über den Stammtischen nichts.
Voraussetzung dafür war allerdings, dass die Themen Integration und Zuwanderung aus dem Meinungsmonopol der Freiheitlichen auf der einen und der Grünen auf der anderen Seite herausgerissen wurden. Kürzlich haben übrigens auch die Grünen einen bemerkenswerten Schwenk in dieser Frage vollzogen.
Der SPÖ fiel diese Positionierung schwerer als der ÖVP: Die Partei sieht sowohl Grüne als auch BZÖ und FPÖ an ihrem Wählerkuchen knabbern - egal, wie sich die SPÖ auch positioniert, allen ihren potenziellen Wählern kann sie es unmöglich recht machen. Anders als 2002, als sich die SPÖ betont links-liberal positionierte, hört sie nun beim Ausländer-Thema auf die Stimmung in breiten Schichten der Bevölkerung. Was sonst sollte eine Partei tun, deren Anspruch es bei jeder Wahl sein muss, 40 Prozent plus zu erreichen?