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Really shocking - diese Finanznöte

Von WZ-Korrespondent Peter Nonnenmacher

Europaarchiv

Britische Regierung verweigert der Queen eine Gehaltserhöhung. | Schon jetzt werden Rechnungen mittels Notfall-Topf bezahlt. | London. Nicht nur die Niedrigverdiener im öffentlichen Dienst des Vereinigten Königreichs haben dieser Tage Grund, über harsche Einschnitte und sinkende Einkommen zu klagen. Auch die bestbezahlte Staatsbedienstete weiß nicht mehr, wie sie all die anfallenden Rechnungen begleichen soll.


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Gemäß der Tory-Parole, dass "wir alle im gleichen Boot sitzen", verwehrt Schatzkanzler George Osborne nämlich der Queen die Erhöhung der laufenden staatlichen Zuwendungen.

Schon derzeit muss sich Elisabeth II. mit der Reservekasse behelfen: Um ihren Verpflichtungen nachkommen zu können, musste sie unlängst sechs Millionen Pfund (7,2 Millionen Euro) aus jenem Topf zuschießen, der in den 90er Jahren für magere Zeiten angelegt wurde. In zwei Jahren, zu ihrem diamantenen Dienstjubiläum, dürfte sie allerdings die letzte Million aufgebraucht haben und gezwungen sein, ihre Arbeit aus eigener Tasche zu finanzieren.

Die Königin selbst kann kaum glauben, was für ein hartes Los sie befallen hat. Schon seit 20 Jahren liegt ihr vom Staat gezahltes Haushaltsgeld, die sogenannte "Civil List", unverändert bei 7,9 Millionen Pfund im Jahr. Um einen Ausgleich in entsprechender Höhe hat sie jüngst den Finanzminister höflichst gebeten. Da aber die Zeitungen voll sind mit den radikalen Einschnitten, die dem einfachen Volk ins Haus stehen, wagt die Regierung es nicht, Elisabeth II. eine Erhöhung zu bewilligen. Stattdessen ist das für Instandhaltung der königlichen Schlösser bereit gestellte separate Budget um eine halbe Million Pfund gekürzt worden. Weder werden sich in den nächsten zehn Jahren veraltete Heizung und elektrische Anlagen im Buckingham-Palast erneuern lassen, noch können bleihaltige Leitungsrohre aus der viktorianischen Ära in Windsor Castle ersetzt werden. Weiter verfallen muss das Viktoria-Mausoleum, um das sich Denkmalschützer schon sorgen.

Auch viele andere Reparaturen im Wert von insgesamt 40 Millionen Pfund bleiben erst einmal liegen. Nur der Ballsaal im Buckingham-Palast, in dem einige der großen öffentlichen Empfänge stattfinden, soll noch in diesem Jahr instand gesetzt werden: Dass Honoratioren aus aller Welt Gefahr laufen, nass zu werden, wenn es bei einem Donnerwetter wieder einmal durchs Schlossdach regnet, wäre der Regierung dann doch zu peinlich.

Ausverkauf und Missmut

Einzuschränken hat sich die Queen ja schon seit längerem versucht. Nach der Ausmusterung der königlichen Yacht Britannia ist auch der königliche Hubschrauber verkauft worden, der nun nach Bedarf zurückgeleast werden kann. Gelegentlich demonstriert Ihre Majestät nun sogar, dass sie, genau wie ihre Untertanen, auch ganz normale Züge benutzen kann. Ihre Leidensmiene bei solchen Anlässen enthüllt freilich etwas von den Gefühlen, die sie offenkundig bewegen. Immerhin steht ihr und ihrer Familie bei Bedarf noch der etwas teurere königliche Zug zur Verfügung.

Für solche komfortableren Fahrten des Staatsoberhaupts legt der Steuerzahler ein paar Pfund extra drauf. Wie zum Beispiel für die Tagesreise der Queen zur Bohnenfabrik Heinz und zum Brotproduzenten Warburton in Nordengland. Der "Gebackene-Bohnen-auf-Toast"-Ausflug kostete gerade mal eben 17.559 Pfund. Auf nicht viel weniger - nämlich 14,756 Pfund - kam eine Fahrt von Prinz Charles nach Cumbria, zur Eröffnungsfeier des Trusts für das Überleben des roten Eichhörnchens.

Einkaufen bei Lidl

Gebackene Bohnen und rote Eichhörnchen sind natürlich wichtige nationale Angelegenheiten: Auch wenn zwei Fahrten dieser Art das durchschnittliche Jahreseinkommen britischer Bürger schon erheblich übersteigen. Bei Hofe sei man sich jedenfalls "des schwierigen wirtschaftlichen Klimas sehr bewusst", beteuert der Finanzchef der Krone, Sir Alan Reid. Man habe ja auch schon frühzeitig mit dem Sparen begonnen und bereits kräftige Reduktionen erzielt.

Experten haben berechnet, dass das Königshaus jeden britischen Steuerzahler im Jahr 1,26 Pfund kostet - immerhin nur ein Fünftel dessen, was zum Beispiel die Norweger für ihre Royals ausgeben. Dennoch sieht sich die Queen genötigt, ihre Ausgaben weiter zu verringern. Halbernste Ratgeber in den Medien haben ihr nahe gelegt, bei Lidl statt beim Luxuswarenhaus Fortnum&Mason einkaufen zu lassen, oder die jeden Sommer zu ihren Gartenpartys geladenen 36.000 Gäste doch künftig ums Mitbringen ihrer eigenen Getränke zu bitten. Sollte auch das nicht reichen und sich Minister Osborne auch 2012 noch weigern, die "Civil List" zu erhöhen, bliebe der Königin wohl keine andere Wahl, als ein paar Schmuckstücke oder Bilder aus ihrem Privatbesitz zu veräußern. Zu ihrem Glück sitzt sie nämlich nicht, wie es das Tory-Wort will, "in einem Boot" mit den anderen einkommensschwachen Schichten. Die "Sunday Times" zählt sie auf ihrer jüngsten "Reichenliste" zu den 250 wohlhabendsten Personen dieser Erde. Allein im Vorjahr soll ihr privates Vermögen um 20 Millionen Pfund gestiegen sein - auf 290 Millionen.