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Das Wiener BZÖ startet Revitalisierungsversuch, schlägt er fehl, soll 2020 Schluss sein.
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Wien. "BZÖ... Wahnsinn, die gibt’s noch! So was von oldschool!", tönt es hämisch in der Kommentarsektion einer österreichischen Tageszeitung, als die Partei vor wenigen Wochen wieder einmal in einem Artikel erwähnt wird. Vielfach wurde die im Jahr 2005 von dem damaligen FPÖ-Chef Jörg Haider gegründete Abspaltung der FPÖ schon für tot oder aufgelöst erklärt. Tatsächlich war es um die Orangen in Wien sehr lange still.
Auch bei den Wien-Wahlen vergangenes Jahr suchte man die Partei vergeblich am Stimmzettel. Eigentlich wollte sie in allen Bezirken antreten, wie Dietmar Schwingenschrot, Wiener Landesparteiobmann der Orangen und stellvertretender Obmann der Bundespartei, der "Wiener Zeitung" im Gespräch verrät. Aufgrund personeller und finanzieller Engpässe wurden aber nur Unterstützungserklärungen für fünf Bezirke gesammelt. Und dann entschied das Wiener BZÖ, gar nicht anzutreten.
Schwingenschrot selbst hat als Privatperson Gastronom Heinz Pollischansky unterstützt. Seine Liste "Wir wollen Wahlfreiheit" kam beim Urnengang aber nur auf magere 0,21 Prozent. Im Nachhinein betrachtet sieht der Chef der Wiener Orangen es als Fehler, mit seiner Partei nicht zumindest in den fünf Bezirken angetreten zu sein. "Hätten wir hasardiert und Kredite für den Wahlkampf aufgenommen, hätte es klappen können. Die Chance war da, Bezirksmandate zu bekommen", so Schwingenschrot.
Aus BZÖ Wien wird BZW
Das wäre zumindest ein erster Wiederbelebungsversuch des am Boden liegenden Wiener BZÖ gewesen. Dabei gibt es das "BZÖ Wien" eigentlich gar nicht. "Unser ursprünglicher Name war seit dem ersten Statut 2005 ,Bündnis Zukunft Wien - Die Stadtpartei‘. Der Name ,BZÖ Wien‘ hat sich immer wieder eingeschlichen", erklärt Schwingenschrot. Aber genau dieser ursprüngliche Name soll jetzt wieder in den Vordergrund rücken. Statt BZÖ Wien quasi BZW. Wobei es sich um keine Spaltung wie den gescheiterten Eigenständigkeitsversuch der FPK in Kärnten handelt. Die Rückkehr zum anfänglichen Namen stellt vor allem den Versuch einer Imagekorrektur dar. "Wir wissen selbst, dass es sehr schwierig ist, mit dem Namen BZÖ in Wien Politik zu machen", so der Chef der Wiener Orangen. "Das funktioniert in Kärnten, wo wir noch im Landtag vertreten sind. Aber in Wien ist es schwer."
Vor allem Kärntner Korruptionsaffären rund um das BZÖ werfen einen langen Schatten. "Wir stehen hinter unseren Kollegen in Kärnten und ihrer Arbeit", beteuert Schwingenschrot. Aber beim Namen "BZÖ Wien" käme allen reflexartig die Hypo Alpe Adria in den Sinn. Der Finanzskandal in Salzburg habe der Wiener SPÖ nicht geschadet. Das war ein lokales Problem. Aber bei uns sind die Vorfälle in Kärnten imagemäßig auf alle Bundesländer übergeschwappt. Dabei gab es in Wien nie Skandale", so der Parteichef.
Auch wenn sich die Wiener Orangen nicht vom BZÖ lossagen, wollen sie als eigenständig und unabhängig wahrgenommen werden. "Wir wollen unseren Weg als Stadtpartei gehen und daran gemessen werden", betont er.
Zwar kommt Schwingenschrots Truppe traditionell aus dem rechten Lager, in Wien will man aber nun einen anderen Schritt gehen. "Weder rechts noch links, sondern in der Mitte. Wir wollen keine populistische Partei wie die FPÖ sein", sagt er. Keine Ausländerhetze oder Islamkindergärten sollen die Hauptthemen sein, sondern Schanigärten, Parckpickerl und kürzere Öffi-Intervalle.
Auch die Unterstützung von Bürgerinitiativen soll forciert werden - und das gehe als BZW einfach besser als unter dem Namen "BZÖ Wien".
CDU/CSU als Vorbild
"Das BZW ist eigenständig, trägt aber die Werte des Bundes-BZÖ mit", so Parteichef Schwingenschrot. Er vergleicht das Modell in seiner Struktur mit jenem von CDU/CSU in Deutschland, wo die bayrische CSU zwar ein eigenständiger Körper ist, aber mit ihrer Schwesterpartei CDU, die in den restlichen Bundesländern aktiv ist, kooperiert. Auch was das erhoffte Comeback des BZW angeht, blickt Schwingenschrot nach Deutschland, genauer gesagt zur FDP. Die Partei war 2013 aus dem deutschen Bundestag ausgeschieden und sitzt nach einer Imagekur nun wieder in zwei Landtagen. "Das ist für mich ein großes Vorbild, dass man so ein Comeback schaffen kann", erzählt er.
Diese Imagekorrektur werde nun 2016 angegangen, bekräftigt Schwingenschrot. Neben den Bemühungen, als Stadtpartei wahrgenommen zu werden, will das BZW eine Kampagne fahren, die schon vor den Wien-Wahlen Thema war. "Mit ,Sicher durch die Nacht‘ wollen wir das Sicherheitsgefühl der Bürger heben", so der Parteiobmann. Wien sei eine lebenswerte Stadt und die Bürger sollten auch nach Sonnenuntergang keine Angst haben. Mit Maßnahmen wie stärkere Beleuchtungskörper, Meldekörper nach Schweizer Vorbild oder zusätzliche Polizeipatrouillen und "Grätzlbeamte" könnte nachgebessert werden. Das Thema spreche vor allem Frauen an, ist er überzeugt.
Wahl 2020, sonst "Vorhang zu"
Ziel ist es auf jeden Fall, mit aufpoliertem Image bei den Wien-Wahlen 2020 wieder anzutreten. Dafür würde der jetzige Parteichef auch in die zweite Reihe treten. "Wenn eine Persönlichkeit kommt, die das BZW zu den Landtagswahlen führen kann, soll sie das tun", bekräftigt er. Auch wenn das BZW immer zu seinem Gründungsvater stehen werde, sieht Schwingenschrot es als Vorteil, wäre eine neue Führungspersönlichkeit "unbelastet", also nicht wie er noch aus der Ära Haider. Der nächste Wahltermin ist gleichzeitig Zerreißprobe für die Partei. "Wenn es jetzt nicht funktioniert und wir keine Chance sehen, dass wir das BZW zur Landtagswahl hin etablieren, machen wir lieber den Vorhang zu und gehen unseren Berufen nach", sagt Schwingenschrot, der selbst als Eventgastronom tätig ist. "In Wien ist dann Schluss", fügt er an.