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Rebellenzone wird gestürmt

Von Jan-Uwe-Ronneburger

Politik

Bogotá - Drei Jahre hat der kolumbianische Präsident Andres Pastrana mit den linken FARC-Rebellen einen "Dialog im Krieg" geführt. Am Donnerstag blies er zum Angriff. Die Flugzeugentführung und Verschleppung des Senators Jorge Gechem am Mittwoch brachten das Fass zum Überlaufen, nachdem die Gewalt schon während der Friedensgespräche mit den marxistischen "Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens" (FARC) zugenommen hatte.


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Die Kolumbianer wollen einfach ein Ende der Gewalt, wofür am Mittwochabend landesweit demonstriert wurde. "Sowohl die Streitkräfte wie auch die Rebellen sind jedoch überzeugt, dass sie einen offenen Schlagabtausch gewinnen können", beschrieb ein ausländischer Diplomat die Lage.

Während Unterhändler der Regierung bis zuletzt fast täglich mit den Rebellen in der für Verhandlungen von den Streitkräften geräumten FARC-Zone im Süden des Landes über einen Waffenstillstand diskutierten, gab sich Pastrana geschlagen und erklärte den Friedensprozess für gescheitert. Die FARC seien eine terroristische Gruppe und nicht zum Dialog bereit, begründete er seine weit reichende Entscheidung im Fernsehen. Was das "Fass zum Überlaufen" brachte, war die Entführung des Vorsitzenden des Friedensausschusses des Senats, Jorge Gechem. Die Regierung schrieb die Tat den FARC zu, die dies jedoch dementierten.

Die jahrelangen Verhandlungen haben vor allem nichts an den Grundlagen des Konflikts ändern können. Während reichlich Militärhilfe aus den USA ins Land flossen, finanzierten sich auch die Rebellen mit Geld aus dem illegalen Drogenhandel mit Nordamerika. Die bis zu 17.000 Rebellen, Männer und Frauen, sind bestens bewaffnet.

Die am Donnerstag mit Bombardements (von 85 strategischen Zielen, wie es hieß) begonnene Rückeroberung der FARC-Zone im Süden des Landes ist jedoch gefährlich. Sie entspricht nicht nur flächenmäßig ungefähr der Schweiz, sondern ist mit ihren Gebirgen und dichten Wäldern geradezu ideal für den Guerillakampf. Die FARC hatten schon bei der letzten Krise der Verhandlungen im Jänner angekündigt, sie würden sich in die Berge zurückziehen. Von dort aus aber könnten sie die Truppen schon wie bisher mit ihrer Taktik gezielter Nadelstiche zermürben.

Ein militärischer Sieg über die FARC und die andere große Rebellengruppe, das "Revolutionäre Befreiungsheer" (ELN), sowie über die rechten Paramilitärs gilt bei ausländischen Beobachtern in Kolumbien deshalb als unwahrscheinlich. Leiden wird wie schon seit Jahrzehnten die Zivilbevölkerung.