Zum Hauptinhalt springen

Rebellion gegen Stiftsherren

Von Christoph Rella

Politik
Der Streit um einen Steinbruch wirft dunkle Schatten auf Stift Göttweig.
© © Gregor Semrad

Stifte Göttweig und Klosterneuburg mit Schäfchen im Clinch. | Bürger protestieren gegen Steinbruch und ungerechte Pacht.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 13 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

St. Pölten. Fürs Beten und Arbeiten, wie es Ordensregel geböte, hatten die Benediktiner im Stift Göttweig in Niederösterreich in den vergangenen Jahren immer weniger Zeit. Nicht anders erging es zuletzt den Augustiner Chorherren in Klosterneuburg: Auch sie mussten Kontemplation und Bibelstudium zurückschrauben - und stattdessen Gerichtsakten wälzen. Grund: Beide Stifte liegen seit Jahren mit Bürgerinitiativen im Clinch. Sogar die Landesregierung wurde eingeschaltet.

Im ersten Fall - Göttweig - sorgt das Kirchenvolk der benachbarten Pfarrgemeinde Paudorf für Unmut. Seit Jahren wird hier gegen die geplante Errichtung eines Steinbruchs im Bereich des Hörfarthgrabens, der im Besitz des Stiftes steht, protestiert. „Wir befürchten, dass dann täglich rund 100 Lkw mit bis zu 500.000 Tonnen Gestein durch unseren Ort rumpeln werden”, klagt der Obmann der Bürgerinitiative „Lebenswertes Paudorf”, Wolfgang Janisch, im Gespräch mit der „Wiener Zeitung”. „Stift Göttweig hat doch genug Geld, die brauchen das doch eh nicht. Abgesehen vom vielen Staub und Lärm wären auch noch die Tiere in Gefahr.”

Geht es nach Janisch, so sollten die Benediktiner von der Verpachtung des Geländes an die baustoffverarbeitende Firma Asamer, die bereits einen Steinbruch samt Fabrik in der Gemeinde betreibt, absehen. Auch solle das Land Niederösterreich in der Causa ein Machtwort sprechen, fordert Janisch.

Benediktiner stellt sich gegen Ordensbrüder

In ihrem Kampf gegen Göttweig unterstützt wird die Bürgerinitiative unter anderem vom Paudorfer Pfarrer Udo Fischer. Zwar will sich der Benediktiner „politisch sicher nicht einspannen lassen”, wie er sagt. Allerdings liege in der Frage des Steinbruchprojekts „noch vieles im Dunklen. Ich frage mich, wie das Material verfrachtet wird”, sagt Fischer. Um seine Solidarität zu zeigen, hat er der Protestbewegung sogar einen Platz auf seiner Pfarrhomepage eingeräumt. Viel mehr einmischen wolle er sich aber nicht. Auch auf Rücksicht auf die Pfarrgemeinde: Sie hat wegen des Streites in den vergangenen Jahren Mitglieder verloren.

Im Stift selbst sieht man die Proteste gelassen. „Die Paudorfer Bevölkerung sollte froh sein, wenn es einen neuen Steinbruch gibt”, erläutert Stiftssprecher Pater Maurus auf Anfrage. Denn sonst müsste Asamer nach Schließung der alten Abbruchstätte das für die Produktion nötige Material von auswärts importieren. „Das würde den aktuellen Lkw-Verkehr sogar verdoppeln”, sagt der Pater - und ist guter Dinge, dass die erforderliche Widmung des Areals rund um den Hörfarthgraben vom Land Niederösterreich genehmigt wird.

Im Büro des zuständigen Landesrates Karl Wilfing will man in der Sache noch keine Entscheidung treffen. „Uns liegt kein Antrag vor, auch läuft kein Verfahren”, sagt Sprecher Florian Liehr. Die Auseinandersetzung sei eine Sache zwischen Stift und Bürgern. Dennoch nehme man die Sorgen der Bürgerinitiative ernst. So habe es laut Liehr bereits mehrere Direktgespräche mit der Bürgerinitiative gegeben.

Streit landete bereits beim Obersten Gericht

Während in Paudorf noch am Verhandlungstisch nach einer Lösung gesucht wird, kommunizieren die Augustiner Chorherren in Klosterneuburg mit einigen Schäfchen der Gemeinde Langenzersdorf nur noch über den Gerichtsweg. Konkret geht es in diesem Streit um vom Stift verpachtete Grundstücke an private Häuslbauer, die sich durch die Mietzins- und Maklerpolitik der Ordensbrüder schikaniert und benachteiligt fühlen.

„Gegen diese Chorherren zieht sogar Gott den Kürzeren”, meint Gerd Teply vom „Pächterverein Langenzersdorf”. Ihn wurmt, dass das Stift nicht bereit ist, Grundstücke, die bereits vor Jahrzehnten von Menschen für den Bau eines Eigenheims gepachtet wurden, nicht zu verkaufen. „Das wurde uns damals zugesichert”, meint Teply, der sich auch darüber ärgert, dass die Chorherren für die Gründe eine viel zu hohe Pacht erhöben. Weswegen bereits mehrere Klagen gegen das Stift anhängig sind: So klagt etwa eine Pächterin ihr Eigentumsrecht am Grundstück ihres Elternhauses ein. In einem zweiten Fall lässt ein Ehepaar in dritter Instanz vom Obersten Gerichtshof prüfen, ob nicht in ihrer Causa - Vertragsverlängerungen - das Mietrechtsgesetz zur Anwendung komme. Sogar der Verein für Konsumentenschutz bereite laut Teply eine Klage gegen das Stift vor.

Den Vorwurf der Pächter, dass Verträge nicht verlängert und Grundstücke zurückgehalten werden, weist Stiftssprecher Peter Schubert zurück. „Bis jetzt sind immer alle Verträge verlängert worden”, wundert er sich. Dagegen sei es das gute Recht des Konvents, seine Grundstücke zu behalten und Pachtzins zu verlangen. „Bei uns ist die Miete mit rund drei Prozent vom Grundstückspreis ohnehin sehr moderat. Wir sind ja keine Kapitalisten.”