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In einer Minute kann man im Normalfall nicht allzu viel schaffen. Manche können sechs Hot Dogs in einer Minute essen, aber das ist nicht unbedingt eine nennenswerte Kulturleistung. Beachtlicher ist da schon die Meldung, die YouTube am Dienstag veröffentlichte: Pro Minute werden auf dem Portal 60 Stunden Videomaterial online gestellt. Das heißt, jede Sekunde geht eine ganze Stunde mehr oder weniger sinnvolles Filmgut ins Netz. Für das Videoportal ist das klarerweise ein Riesenerfolg: "2007 haben wir mit sechs Stunden angefangen", heißt es im firmeneigenen Blog. In nur fünf Jahren hat sich die Menge also verzehnfacht.
Was diese Jubelmeldung nicht berücksichtigt, sind ein paar brennende Fragen wie folgende: Wie viele dieser 31.536.000 Stunden pro Jahr fristen ein Schattendasein und werden höchstens einmal von den Eltern und der Tante des Onlinestellers angeklickt? Wie soll das eigentlich gehen, wenn ein Jahr nur 8760 Stunden hat? Und: Wer soll sich das überhaupt alles anschauen?
Da wiederum hat Papst Benedikt eine einleuchtende Antwort: Sicher keine Katholiken.
Der Vatikan warnte am selben Tag, an dem YouTube frohlockte, vor einer Reizüberflutung durch moderne Medien. Der Mensch werde im Internet heute mit "Antworten auf Fragen bombardiert, die er sich nie gestellt hat, und auf Bedürfnisse, die er nicht empfindet." Gleichzeitig rief Benedikt zu einer größeren Wertschätzung der Stille und des Schweigens auf. Das ist ehrenhaft. Aber kann nicht die ungewohnte Stille erst recht Fragen aufwerfen, die man sich nie zuvor gestellt hat?