Wien. Rechnungshofpräsident Josef Moser fordert die Regierung auf, bei der nächsten Verwaltungsreform-Runde Ende August Nägel mit Köpfen zu machen. "Wollen sie die Lösungsvorschläge umsetzen oder wollen sie sie nicht umsetzen? Es liegen alle Punkte am Tisch und die Regierung wird erklären müssen, was der politische Wille ist", betonte Moser. Mangelnden Reformwillen ortet Moser nicht nur bei den Ländern, sondern auch beim Bund: "Reformresistente gibt es in allen Bereichen, keine Gebietskörperschaft ist davon ausgenommen."
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Als Beispiel verweist Moser darauf, dass sich der Bund nach wie vor drei Wetterdienste leistet - die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik, den Wetterdienst der Flugsicherung Austro Control und jenen des Bundesheeres. "Das ist ein Unikat, aber dessen ungeachtet ist man nicht in der Lage, die drei Wetterdienste zusammenzulegen", kritisiert Moser. Dass die von der Regierung stattdessen geplanten Maßnahmen tatsächlich die erwarteten Synergieeffekte bringen, bezweifelt Moser und kündigt eine neuerliche Prüfung an. Das Ergebnis werde demnächst vorliegen. "Man muss schauen, dass man den Kreis der Reformwilligen steigert, um das Leben der Reformresistenten schwerer zu machen", so Moser.
Auf dem Tisch
Auch bei den Beamtenpensionen und bei der Bildungsreform würden mittlerweile Reformkonzepte am Tisch liegen, nur der politische Wille sei noch ausständig, betont Moser. Allein durch Pensionsreformen in den Ländern könnten bis 2049 noch bis zu 500 Mio. Euro eingespart werden - der Löwenanteil in Kärnten, dessen Pensionsreform der Rechnungshof nach wie vor als ungenügend beurteilt. Im Bildungsbereich schlägt Moser u.a. eine Konzentration von Gesetzgebung, Qualitätssicherung und Budget beim Bund vor. Die Kontrolle sollte auf regionaler Ebene stattfinden, die Schulen weitgehende Autonomie erhalten. Für alle Lehrer soll künftig ein einheitliches Dienstrecht gelten.
Einmal mehr plädiert Moser auch für Umschichtungen im Gesundheitsbereich: So könnten Tausende "Akutbetten" in den Krankenhäusern abgebaut werden, um im Gegenzug mehr Geld in Pflege und Prävention investieren zu können. Diese Debatte dürfe aber nicht auf die Schließung von Krankenhäusern reduziert werden. "Solche Debatten, wenn sie verkürzt durchgeführt werden, führen dazu, dass eine notwendige Reform von Haus aus nicht in Gang gesetzt wird."
Nicht einmischen will sich der Rechnungshofpräsident in den zwischen Regierung und Parlament geführten Terminstreit ums Budget. Hier hätten sich sowohl das Parlament als auch der Präsident des Verfassungsgerichtshofes klar geäußert. Er pocht allerdings auf Einbeziehung von Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialversicherung in die Budgetkonsolidierung: "Wenn nur einer spart, wird das zu wenig sein - wird brauchen alle Gebietskörperschaften."
Kontrolle aller Gemeinden
Die geplante Ausweitung der Prüfkompetenzen bei den Gemeinden bezeichnet Rechnungshofpräsident Josef Moser als "Schritt in die richtige Richtung". Allerdings strebt er weiterhin die Einbeziehung aller Kommunen in die Rechnungshofkontrolle an. "Wir haben immer darauf hingewiesen, dass es notwendig wäre, alle Gemeinden in die Prüfkompetenz einzubeziehen", so der Rechnungshofpräsident. Doppelprüfungen zwischen Rechnungshof und Landesrechnungshöfen würde man in diesem Fall durch entsprechende Koordination vermeiden.
SPÖ und ÖVP haben sich im Juni auf Druck der Opposition darauf geeinigt, dem Rechnungshof zumindest die Prüfung aller Gemeinden mit mehr als 10.000 Einwohnern zu erlauben. Ob die Kontrollbehörde darüber hinaus noch die Möglichkeit erhält, im Fall von Budgetturbulenzen auch kleinere Kommunen unter die Lupe zu nehmen, wird noch verhandelt. Moser würde das als weiteren Schritt in die richtige Richtung begrüßen, betont aber, "den parlamentarischen Beratungen nicht vorgreifen" zu wollen.
Grundsätzlich seien all diese Regeln aber nur "Hilfskriterien, die nicht den Umstand beseitigen, dass alle Gemeinden in die Prüfkompetenz mit einbezogen werden sollten", betont Moser. Die Politik habe jedoch signalisiert, dass für ein derartiges Modell derzeit "ein parlamentarischer Kompromiss nicht erreichbar wäre".
Die nun zwischen Regierung und Opposition verhandelte Ausdehnung der Gemeindeprüfungen würde es dem Rechnungshof aber immerhin erlauben, 71 (statt bisher 24) der 2.356 Gemeinden (ohne Wien) in Österreich von sich aus zu prüfen. Außerdem entfallen auf diese Gemeinden laut Moser 38 Prozent der gesamten kommunalen Ausgaben, womit auch verlässlichere Vergleichsanalysen ("Benchmarks") und Aussagen über die Mittelverwendung der Gemeinden möglich würden.
Zurückhaltend äußert sich Moser zur derzeit ebenfalls zwischen Regierung und Opposition verhandelten Offenlegung von Parteispenden. Grundsätzlich habe der Rechnungshof immer Interesse an Transparenz, die Verhandlungen seien aber Sache der Parteien. Einmal mehr stellt Moser allerdings klar, dass der Rechnungshof, anders als von der Politik immer wieder behauptet, derzeit keine Prüfung der Parteispenden vornimmt kann. Spenden über 7.260 Euro müssten dem Rechnungshof lediglich gemeldet werden, eine Kontrolle sei aber nicht möglich. Vorgesehen ist lediglich, dass der Rechnungshof auf Ersuchen der jeweiligen Partei bekanntgibt, ob eine bestimmte Spende deklariert wurde oder nicht. Vorgekommen ist dies allerdings noch nie.