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Erstmals soll ein Wirtschaftsprüfer feststellen, ob sich die Partei an die Wahlkampfkostenobergrenze gehalten hat.
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Die ÖVP bleibt dabei. Ihr Rechenschaftsbericht aus dem Jahr 2019 sei vollständig, die Wahlkampfkostenobergrenze wurde eingehalten. Der Rechnungshof hegt daran allerdings Zweifel und beauftragt - wie es das Gesetz in einem solchen Fall vorsieht -- einen Wirtschaftsprüfer, der die Parteifinanzen unter die Lupe nehmen soll. Das hat es noch nie gegeben.
Dass es beim Bericht für 2019 Ungereimtheiten geben könnte, hat sich abgezeichnet. Erst hatte die ÖVP zweimal um eine Verlängerung der Frist für die Einreichung des Berichts angesucht, später legte die Partei dem Rechnungshof zwei Neufassungen vor, zuletzt im April dieses Jahres. Die Veröffentlichung verzögerte sich, die Opposition kritisierte die mangelnde Transparenz.
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Im Sommer 2019, vor der Nationalratswahl, waren der Wochenzeitung "Falter" Dokumente zugespielt worden, wonach die Volkspartei schon im Vorfeld plante, mehr als die erlaubten 7 Millionen Euro für den Wahlkampf auszugeben. Der Stichtag dafür ist 82 Tage vor der Wahl.
Der Plan sei, so der "Falter", sowohl die Öffentlichkeit als auch den Rechnungshof zu täuschen. Die ÖVP klagte auf Unterlassung. Dass die ÖVP nie beabsichtigte, die Obergrenze einzuhalten, und der Öffentlichkeit etwas vormachen wollte, dürfe der "Falter" aber aus den Dokumenten ableiten, bestätigte der Oberste Gerichtshof. Nur betreffend der Täuschung des Rechnungshofs hatte die ÖVP zuvor Recht bekommen.
Nun ist es aber der Rechnungshof, der der ÖVP nicht glaubt, einen richtigen und vollständigen Rechenschaftsbericht vorgelegt zu haben. Einerseits, schreibt der Rechnungshof, sei es nicht plausibel, dass in den EU-Wahlkampf im selben Jahr 6,9 Millionen Euro geflossen sein sollen, vor der Nationalratswahl hingegen nur 5,6 Millionen. Das widerspreche der "politischen Lebenswirklichkeit". Und auch dem Rechnungshof liegen Dokumente aus nicht näher definierter "dritter Seite" vor, die Zweifel an den Angaben der Partei wecken. Konkrete Nachfragen zu diesen Dokumenten habe die Volkspartei teilweise nicht beantwortet und konnte die Zweifel der Prüfer nicht ausräumen.
ÖVP blickt Überprüfung entspannt entgegen
Bevor der Rechnungshof nun eine Meldung an den Unabhängigen Parteintransparenzsenat erstatten darf, eine im Bundeskanzleramt angesiedelte Behörde, die das Parteiengesetz kontrolliert und exekutiert, muss sich ein Wirtschaftsprüfer der ÖVP-Finanzen annehmen. Diesem muss die Bundespartei Einsicht in alle relevanten Unterlagen gewähren. Sollte sich der Verdacht des Rechnungshofs bestätigen, würden der ÖVP nicht nur Strafzahlungen drohen, auch politisch würde die ÖVP in Erklärungsnot geraten - beteuerte sie nach den "Falter"-Berichten doch vehement, eine Wahlkampfkostenüberschreitung wie in den Jahren 2013 und 2017 werde es nicht noch einmal geben.
Von diesem Kurs lässt sich die ÖVP seither nicht abbringen, auch nicht durch die Zweifel des Rechnungshofes. Man blicke der Überprüfung der Wahlkampfkosten entspannt entgegen, hieß es in einer Stellungnahme.
Die mögliche Überschreitung der Wahlkampfkosten ist nicht der einzige Punkt im Bericht des Rechnungshofes, der Ungemach für die ÖVP verheißen könnte. Denn die Prüfer kamen auch zu dem Schluss, dass Inserateneinnahmen durch Parteimedien als Spenden gewertet werden müssen, wenn der Preis für die Einschaltungen deutlich höher liegt als in vergleichbaren Nicht-Parteimedien.
Konkret betrifft das die mittlerweile eingestellte Mitgliederzeitschrift des Vorarlberger Wirtschaftsbundes, deren dubioses Anzeigengeschäft inklusive intransparente Geldflüsse an die Landesvolkspartei den Vorarlberger Landtag seit Ende März beschäftigt. Doch laut dem auf Parteifinanzen spezialisierten Politologen Hubert Sickinger sei die Zeitschrift nicht die einzige parteinahe Publikation mit einem solchen Geschäftsmodell, infolge des Rechnungshofberichtes würden nun die Verantwortlichen für andere, ähnliche Medien "die Ohren spitzen".
Seniorenbund-Vereine als Teilorganisation zu werten
Und in noch einer Hinsicht "hat sich der Rechnungshof auf Neuland gewagt", wie Sickinger sagt: Die Seniorenbund-Vereine, offiziell getrennt von der Parteiorganisation Seniorenbund, seien laut dem Rechnungshof als ÖVP-Teilorganisation zu betrachten. Spendeneinnahmen, die über diese Schiene lukriert werden, müssen also im Rechenschaftsbericht der ÖVP mitgerechnet werden.
Erst Ende Mai war bekannt geworden, dass der Seniorenbund Oberösterreich als Verein rund zwei Millionen Euro an Corona-Föderungen aus dem Non-Profit-Fonds erhalten hatte - Parteiorganisationen waren von der Förderung ausdrücklich ausgenommen. Ob hier alles rechtens war, wird der Rechnungshof allerdings erst mit den Berichten für die Jahre 2020 und 2021 überprüfen.