Ein angeblicher Skandal um systematische Frühpensionierungen bei ÖBB, Post und Telekom ruft nun den Rechnungshof (RH) auf den Plan. Finanzminister Karl-Heinz Grasser und Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer wollen nämlich, dass der RH aktiv wird und die vermeintlichen "Verdachtsfälle" prüft. Für dessen Präsident Franz Fiedler ist jedoch die Zuständigkeit seines Hauses in dieser Causa noch gar nicht geklärt.
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"Wir müssen erst einmal prüfen, ob der Prüfantrag von Mitgliedern der Regierung den gesetzlichen Bestimmungen entspricht und durchführbar ist", kommentierte Fiedler den Auftrag des FP-Spitzenduos im Mittagsjournal. Beide wollten zudem abgeklärt haben, ob die angeprangerten Unternehmen die Frühpensionierungen gar aus der eigenen Kasse berappen sollen.
Da im Auftrag weder Angaben über Zeitraum und Zahl der zu überprüfenden Personen enthalten seien, könne der Umfang eines Verfahrens noch gar nicht abgeschätzt werden. Der zeitliche Rahmen liegt für Fiedler zwischen einigen Wochen und ein paar Monaten.
Von solcher Pensionierungspraxis will man bei den ÖBB nichts wissen. ÖBB-Kommunikationschef Michael Hlava betont, dass es schon längst keinen Betriebsarzt mehr gebe, der Bahnbedienstete in den Ruhestand schicken kann.
Die ÖBB haben sich ein 12-Punkte-Strukturpaket auferlegt. Dieses soll nach Angaben von Hlava pro Jahr sogar 10 Mill. Euro einsparen helfen. Aber nur ein Punkt, die Pensionswirksamkeit des allgemeinen Nebengebührenpauschales, wurde in den Medien skandalisiert. Doch die kolportierten Horrorzahlen, wonach diese Vereinbarung mit der Arbeitnehmervertretung dem Finanzminister jährlich 74 Mill. Euro koste, kann von ÖBB-Seite nicht bestätigt werden. Im Gegenteil im ersten Jahr werde sogar mehr in die Pensionskassa fließen, erst ab 2006 hätte der Finanzminister leicht erhöhten Zuschussbedarf. Auch die Meldung, dass der Aufsichtsrat nicht informiert war, sei vollkommen haltlos. Verkehrminister Mathias Reichhold kennt seitens ÖBB und Finanzministerium unterschiedliche Kosten: "Auf die nächsten 20 Jahre zwischen 30 und 200 Mill. Euro."
Ärztekammer weist auf Missstände hin
In der Diskussion um die Diagnose von vorgeschobenen Krankheiten zwecks vorzeitiger Pensionierung bei Post, Telekom und Bahn geht nun die Ärzteschaft in die Offensive. In der ZiB1 wurde am Mittwochabend ein Brief der Ärztekammer präsentiert, in dem gegenüber der Post Druck auf die Ärzeschaft beklagt wurde. In dem Schreiben heißt es, dass von Medizinern offenbar erwartet werde, Gefälligkeitsgutachten zu erstellen.