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Recht auf intakte Umwelt in die Verfassung

Von Paul Schwarzenbacher

Recht
Auch die Verfassungsrechtsordnungen im internationalen Vergleich sprechen für das Recht auf eine intakte Umwelt als zu ergänzender Artikel im Bundes-Verfassungsgesetz.
© adobe.stock / DOERS

Hilfreich wäre es, wenn das Bundes-Verfassungsgesetz über die Rechte von Kindern um weitere Rechte ergänzt würde.


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Am 8. Oktober 2021 verabschiedete der UN-Menschenrechtsrat eine Resolution, die das Recht auf eine gesunde Umwelt als grundlegendes Menschenrecht anerkennt. Auch wenn die Resolution rechtlich nicht bindend ist, man also aus ihr keine subjektiven Rechte ableiten kann, wird sie trotzdem im Sinne einer rechtskonformen Auslegung in Zukunft für die Rechtsprechung in Österreich relevant sein.

Was spricht für ein Recht auf intakte Umwelt als zu ergänzender Artikel im Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) über die Rechte von Kindern? Einerseits, dass Schutzpflichten des Staates in der österreichischen Verfassung bereits bekannt sind (Artikel 2 und Artikel 8 Europäische Menschenrechtskonvention). Andererseits die Verfassungsrechtsordnungen im internationalen Vergleich. Bereits im Jahr 1992 hatte das Verfassungsgericht in Kolumbien das Konzept einer ökologischen Verfassung entwickelt. Darüber hinaus wurden in Ecuador im Jahr 2008 die Rechte der Natur in die Verfassung geschrieben (Artikel 71 der Verfassung) und auch Uganda verabschiedete vor drei Jahren ein Gesetz, wonach die Natur das Recht zur Erhaltung ihrer vitalen Kreisläufe hat. Weiters hat sich auch der Karlsruher Klimabeschluss vom April 2021, in dem eine Schutzverpflichtung des Staates in Bezug auf künftige Generationen bejaht wurde, auf den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen in Artikel 20a Grundgesetz bezogen. Wie könnte ein solches "Recht auf intakte Umwelt" also aussehen?

Eine Möglichkeit bietet folgender Ansatz: Jedes Kind hat das Recht auf eine saubere und gesunde Umwelt und auf den Fortbestand intakter Ökosysteme. Wenn nachteilige Veränderungen der durch Absatz 1 geschützten Lebensbedingungen als Folge des Handelns anderer wahrscheinlich sind, hat jedes Kind das Recht, zu verlangen, dass die zuständigen Stellen die Situation prüfen. Jedes Kind, das nach Absatz 2 handelt, erhält innerhalb angemessener Frist detaillierte Informationen, aus denen hervorgeht, welche Maßnahmen ergriffen wurden, um diese nachteiligen Veränderungen zu verhindern.

Psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen

Auch, was die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen betrifft, sollte das B-VG-Kinderrechte um weitere Rechte ergänzt werden. Anfang Oktober verkündete Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein, 13 Millionen Euro zur Bewältigung der psychischen Probleme von Kindern und Jugendlichen zur Verfügung zu stellen. Dies ist lobenswert, erhalten doch zehntausende Kinder in Österreich nicht die für sie erforderlichen Therapien. Mit den vorgesehenen finanziellen Mitteln könnte man den Ausbau der kassenfinanzierten Psychotherapie für Kinder und Jugendliche vorantreiben, um psychische Not zu lindern.

Evaluierung des Grundrechtsschutzes

Dass Kinder zu Zeiten des Heimunterrichts bis zu 60 Stunden in der Woche vor dem Computer sitzen mussten, war für deren Wohlergehen nicht förderlich. Als Beispiel für die Folgen exzessiver Nutzung digitaler Medien ist Südostasien zu nennen, wo bereits fast alle 19-Jährigen kurzsichtig sind. Dass im Bereich Kindergesundheit noch einiges zu tun ist, sieht man daran, dass in Österreich nur jeder fünfte Elf- bis 15-Jährige die Bewegungsempfehlung der Weltgesundheitsorganisation von 60 (lockeren) Minuten pro Tag erfüllt und jeder vierte Minderjährige in Österreich übergewichtig bis fettleibig ist. Wir stellen nicht nur die dicksten Kinder Europas, sondern nehmen auch beim jugendlichen Nikotin- und Alkoholkonsum einen Spitzenplatz ein.

Hilfreich wäre es, wenn das B-VG-Kinderrechte - welches Teile der UN-Kinderrechtekonvention vor zehn Jahren in die Verfassung übernommen hat - um weitere Rechte ergänzt würde. Damit geht auch die Evaluierung des Grundrechtsschutzes im B-VG-Kinderrechte einher, welche sich im Regierungsprogramm befindet. Grundlegende Rechte, die das B-VG-Kinderrechte ergänzen sollten, sind das Recht auf bestmögliche Gesundheit, auf ein höchstmögliches Bildungsniveau und das Recht auf Freizeit, zu spielen, sich zu erholen und sich künstlerisch zu betätigen.

Nicht zuletzt wäre die Einführung einer Kindergrundsicherung in einem Land, wo mehr als jedes fünfte Kind unter Armut und Ausgrenzung leidet, ein Schritt in die richtige Richtung. Denn: Im Regierungsprogramm des Jahres 2020 wird im Kapitel "Soziale Sicherheit, neue Gerechtigkeit & Armutsbekämpfung" ausgeführt, dass die Bundesregierung auf die Bekämpfung von Kinderarmut ein besonderes Augenmerk legt. Zu prüfen ist folglich der Status quo.

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