Kommunikationsanlagen, Nachtsichtgeräte, humanitäre Hilfe und ein anständiger Sold für die Aufständischen in Syrien, so das Fazit der Zusammenkunft von Istanbul.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 12 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Deutlicher kann die internationale Kontaktgruppe ihre Ohnmacht nicht demonstrieren. Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen assistiert aus Brüssel, indem er vor einer Bewaffnung der Opposition warnt. Kofi Annan, UN-Sondervermittler, hat Damaskus einen Waffenstillstand abgenötigt, der am 10. April in Kraft treten soll.
Syriens Machthaber Bashar al-Assad dirigiert das Orchester vermeintlicher Friedensbringer nach Belieben. Dissonanzen stören ihn nicht. Mal darf eine Beobachtergruppe ins Land, dann veranstaltet er ein Referendum. Der Mann beschäftigt die internationale Wertegemeinschaft - mehr nicht. Aus Assads Sicht kann es keinen vernünftigen Grund geben, die Waffenruhe umzusetzen. Bei ihm läuft schließlich alles nach Plan. Seine Zuckerbrot-und-Peitsche-Politik ist nur möglich, weil er auf den Faktor Zeit setzt und geschickt die Libyen-Karte spielt - der Sündenfall der Nato beim Sturz von Muammar al-Gaddafi.
Es muss daher die Frage gestellt werden: Darf aus humanitären Gründen internationales Recht freischwebend wirksam interpretiert werden, wenn sich damit ein Genozid verhindern lässt. Im Fall Libyens wurde dies getan und auch gutgeheißen - unter anderem von dem französischen Philosophen André Glucksmann. Die Nato hat mit ihren Luftangriffen Fakten geschaffen, die es den Aufständischen ermöglichten, den des Despoten zu stürzen. Diese Überdehnung des UN-Mandats durch die Nato in Libyen verlangt der Opposition Syrien jetzt auf dem Weg in die Freiheit einen hohen Blutzoll ab.
Bereits im Kosovo-Krieg 1998/1999 wurde das Völkerrecht gebrochen. Die Nato griff die souveräne Bundesrepublik Jugoslawien an, um die eklatanten Menschenrechtsverletzungen der jugoslawischen Sicherheitsorgane zu unterbinden. Dies tat die Nato ohne ein Mandat der UN. Der damalige deutsche Außenminister Joschka Fischer war sich dessen bewusst. Er argumentierte seinerzeit in seiner Rede zum Nato-Einsatz im Kosovo: "Aber ich stehe auf zwei Grundsätzen: Nie wieder Krieg, nie wieder Auschwitz; nie wieder Völkermord, nie wieder Faschismus."
Fischer hat mit seinem Argumentationsstrang zum Bruch international geltenden Rechts, auf Notwendigkeit des internationalen Rechts im Allgemeinen aufmerksam gemacht, indem er im Besonderen durch dessen Bruch verdeutlicht, wo die Grenzen des Rechts verlaufen müssen, nämlich da, wo der Barbarei Einhalt geboten werden muss. Das war im Kosovokonflikt so, das war in Libyen so und es ist in Syrien der Fall. Dank der alles durchziehenden sozialen Netzwerke demokratisieren sich sich die Menschen. Sie verlangen das Elementarste, was ihnen zusteht, die Freiheit. Niemand hat das Recht sie ihnen zu verweigern - schon gar nicht starres Recht.