Minimaler Abstand zwischen RegierungsundOppositionspartei. | Linksbündnis als Gegenkraft? | Künftige unwahrscheinlich. | Alleinregierung unwahrscheinlich. | Poznan/Warschau. Eine der wichtigeren Wahlkampfveranstaltungen war gar keine. Das Fußballmatch Lech Poznan gegen Legia Warszawa - bei dem Lech die Warschauer 1 zu 0 besiegte und so den Tabellenführer stürzte - zog nicht nur 28.000 Fans an, mehr als das Stadion im nordwestpolnischen Posen fassen konnte. Auch Politiker ließen es sich nicht nehmen, auf den Tribünen zu erscheinen, um mit sportlicher Begeisterung um die Sympathie der Wähler zu werben. Immerhin wird in Polen in etwas mehr als einer Woche ein neues Parlament gewählt.
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Zweikampf PiS und PO
Pluspunkte konnte Finanzministerin Zyta Gilowska dennoch nicht sammeln. Nicht nur weil in Poznan, wo Gilowska für die Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) kandidiert, die oppositionelle Bürgerplattform (PO) stärker ist. Auch die Ankündigungen missfielen: Für den Ausbau des Stadions werde die Regierung 70 Millionen Zloty (rund 18 Millionen Euro) zur Verfügung stellen, sagte die Finanzministerin. Viel zu wenig, befindet die Stadtverwaltung - und sieht die Vorbereitungen für die Fußball-Europameisterschaft 2012 gefährdet. Einige Kommentatoren schließen allerdings nicht aus, dass sich kurz vor der Wahl doch noch mehr Mittel für Stadien finden.
Ums Geld dreht sich denn auch der Großteil der Kampagne, die vor allem als Zweikampf zwischen den zwei größten Parteien gesehen wird: der rechtskonservativen PiS von Premier Jaroslaw Kaczynski und der wirtschaftsliberalen, aber ebenfalls rechtsgerichteten PO von Donald Tusk. "Wir werden die Korruption zerstören", verspricht PiS auf Plakaten. Die Bürgerplattform wiederum erklärt: "Polen verdient ein Wirtschaftswunder." Wie bei Wahlkämpfen üblich, werden Details zur Umsetzung in beiden Fällen ausgespart.
Als Gegenkraft versucht sich das neue Linksbündnis LiD (Die Linke und Demokraten) zu positionieren. Die Gruppierung versammelt aber nicht nur Politiker, die einst im Bund der Demokratischen Linken (SLD) tätig waren, sondern auch Personen aus dem rechten Parteienflügel, der in Polen seine Wurzeln großteils in der Gewerkschaftsbewegung Solidarnosc hat.
Für Aufmerksamkeit sorgt vor allem der LiD-Spitzenkandidat, Ex-Präsident Aleksander Kwasniewski, allerdings weniger mit inhaltlichen Aussagen. Nicht nur einmal machte er nämlich bei Wahlkampfveranstaltungen den Eindruck, betrunken zu sein. Kwasniewski wies die Vorwürfe zurück: Er nehme lediglich Medikamente.
Laut Meinungsumfragen hat LiD durchaus Chancen, ins Parlament, einzuziehen. Das Bündnis könnte an die 15 Prozent der Stimmen erhalten. Die einstigen Koalitionspartner von PiS hingegen, die Samoobrona (Selbstverteidigung) des selbst ernannten Bauernführers Andrzej Lepper und die rechtsnationale Liga der Polnischen Familien, könnten an der 5-Prozent-Hürde scheitern. Einige Umfragen deuten sogar darauf hin, dass im Sejm mit seinen 460 Abgeordneten künftig lediglich drei Parteien vertreten sein werden: PiS, PO und LiD.
Spannendes Rennen
Wer jedoch Wahlsieger wird, ist völlig offen. Einmal liegt PiS bei Befragungen mit 38 Prozent in Führung, einmal PO mit 37 Prozent. Der Abstand zwischen den beiden Parteien liegt bei zwei oder drei, manchmal fünf Prozentpunkten. Ein klareres Bild könnte sich nach der Fernsehdebatte zwischen Premier Kaczynski und Oppositionsführer Tusk abzeichnen, die - nach langen Diskussionen, ob, wann und wie - am heutigen Freitag stattfindet.
Dass eine Fraktion am 21. Oktober genug Stimmen erhält, um alleine regieren zu können, ist jedoch unwahrscheinlich. Eher zeichnen sich mühsame Koalitionsverhandlungen nach der Wahl ab. Wie schwierig aber eine Zusammenarbeit mit PiS ist, zeigte sich bereits in den vergangenen zwei Jahren. Kaczynski löste die Koalition mit Samoobrona und Liga der Polnischen Familien nach rund eineinhalb Jahren auf - was zur vorgezogenen Parlamentswahl führte.