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Rechtlicher Nebel um Kronzeugenregel

Von Daniel Bischof

Der Kronzeugenstatus für die Meinungsforscherin Sabine Beinschab bringt juristische Debatten mit sich.


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Ist das zulässig oder nicht? Diese Frage wirft der Kronzeugenstatus für die Meinungsforscherin Sabine Beinschab in der ÖVP-Inseratenaffäre auf. Die Meinungen dazu gehen auseinander. Er finde das Vorgehen "gelinde gesagt merkwürdig oder überraschend", meinte Manfred Ainedter, Präsident der Strafverteidigervereinigung, im Ö1-"Morgenjournal" am Donnerstag. Ainedter, dessen Kanzlei einen Beschuldigten in der Inseratenaffäre verteidigt, hält Beinschabs Kronzeugenstatus für gesetzlich nicht gedeckt.

Laut dem Strafrechtler Robert Kert von der Wirtschaftsuniversität Wien dürften die Voraussetzungen für die Gewährung des Kronzeugenstatus an Beinschab hingegen vorliegen. Im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" sieht er aber auch noch manche Punkte, die Fragen offenlassen.

Die Kronzeugenregel ermöglicht, dass die Staatsanwaltschaft von der Verfolgung des Beschuldigten zurücktritt, wenn dieser mit ihr zusammenarbeitet. Die Idee dahinter stammt aus den USA ("plea bargain"). In Österreich ist die Kronzeugenregel in § 209a der Strafprozessordnung geregelt. Bisher kam sie aufgrund der hohen Voraussetzungen kaum zum Einsatz.

Eine Auslegungsfrage

Der Täter muss "freiwillig an die Staatsanwaltschaft oder die Kriminalpolizei" herantreten und "ein reumütiges Geständnis über seinen Tatbetrag" ablegen. Auch neue Tatsachen oder Beweismittel muss er offenbaren, die wesentlich zur Aufklärung von Straftaten beitragen - und zwar "über seinen eigenen Tatbeitrag" hinaus. Der Täter darf außerdem noch nicht als Beschuldigter vernommen und wegen dieser Taten darf auch noch kein Zwang gegen ihn ausgeübt worden sein.

Rechtsanwalt Ainedter sieht diese Voraussetzungen nicht für erfüllt an. Beinschab sei ja aufgrund der Vorwürfe in der ÖVP-Inseratenaffäre in Haft genommen worden. Dass sie darüber hinaus etwas ausgesagt habe, rechtfertige den Kronzeugenstatus nach bisheriger Übung nicht.

Für Strafrechtler Kert handelt es sich im konkreten Fall um "ein großzügiges Verständnis der Freiwilligkeit". Diese habe der Gesetzgeber aber auch tatsächlich vorgesehen. Jemand solle auch im Rahmen einer Vernehmung noch zu reden beginnen und sein Wissen offenlegen können.

Entscheidend ist für Kert, wie die Worte in der Kronzeugenregel ausgelegt werden - konkret der Zwangsbegriff. Die Bestimmung kann so ausgelegt werden, dass jede Zwangsmaßnahme gegen den Beschuldigten diesen sofort vom Kronzeugenstatus ausschließt. Allerdings kann auch differenziert werden.

Bei den Taten, die Beinschab "neu bekannt gegeben hat und die bisher auch tatsächlich nicht bekannt waren", sei die Gewährung der Kronzeugenregel wohl möglich, so Kert. Wegen dieser Taten seien ja noch keine Zwangsmaßnahmen gegen die Meinungsforscherin ergriffen worden.

Klärung noch offen

Problematisch sei der Kronzeugenstatus für Beinschab bei den Taten, wegen denen bereits Zwangsmaßnahmen von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gegen sie ergriffen wurden. "Da weiß ich nicht, wie man da genau rüberkommen kann", sagt Kert.

Wie umfassend die Kronzeugenregel für Beinschab ist, dürfte auch nicht vollends geklärt sein. Das geht aus einem Schreiben der WKStA an Beinschabs Verteidigerin hervor, aus dem mehrere Medien zitierten. Der Fakten-Komplex "Inserate" sei von der Regel noch ausgenommen, hieß es darin. Denn Prüfungen seien noch im Gange. Umfasst sind hingegen die in den ÖVP-Ermittlungen aufgetauchten Studien und Beinschabs Geschäftsbeziehung zu Ex-Familienministerin Sophie Karmasin.

Ob die Auslegungsfragen vom Obersten Gerichtshof (OGH) geklärt werden, ist ungewiss. Bei der Gewährung des Kronzeugenstatus hat die Staatsanwaltschaft im Zusammenspiel mit der Rechtsschutzbeauftragten der Justiz einen großen Handlungsspielraum. Die anderen Beschuldigten können kein Rechtsmittel erheben. Möglich wäre, dass die Rechtsschutzbeauftragte der Generalprokuratur ihre Ermächtigung gibt, eine Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes an den OGH zu verfassen.