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Rechtsanwälte klagen über Gebühren

Von WZ Online

Politik

Wien. Die vom Justizministerium im vergangenen Juli erhöhten Gerichtsgebühren sind für die Österreichische Rechtsanwaltskammer (ÖRAK) "völlig inakzeptabel". "Man versucht, die Justiz zur Cash Cow der Republik zu machen. Das darf nicht sein. Der Zugang zum Recht muss auch für jene möglich sein, die finanziell nicht so gut drauf sind", kritisierte Präsident Gerhard Benn-Ibler am Donnerstag bei der Präsentation des jährlichen Wahrnehmungsberichts der Anwaltschaft.


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Die Kosten für Aktenkopien haben sich von zuletzt 40 Cent auf einen Euro pro Seite erhöht, was speziell für weniger Betuchte eine enorme finanzielle Belastung darstellen kann. "Es lässt sich dafür keine sachliche Begründung finden", ließ Benn-Ibler die Darstellung von Justizministerin Claudia Bandion-Ortner (V) nicht gelten, die den Kostenanstieg mit der Schaffung der nötigen Infrastruktur in der Justizverwaltung gerechtfertigt hatte. In Wahrheit mache das zusätzliche Steueraufkommen der Bürger diese infrastrukturellen Maßnahmen bei weitem wett, meinte Benn-Ibler.

Auch sonst kann es teuer werden, wenn man mit der Justiz zu tun bekommt: Wer in einem Insolvenzverfahren Forderungen anmeldet, muss mittlerweile pro eingereichter Rechnung 20 Euro berappen. In Straf- und Privatanklageverfahren sind die Gerichtsgebühren in Teilbereichen nachgerade explodiert: Für Nichtigkeitsbeschwerden in Privatanklageverfahren werden etwa statt bisher 121 satte 697 Euro fällig.

Gebühren sind auch bei der Eröffnung eines Sachwalterverfahrens sowie bei der gerichtlichen Überprüfung der Abrechnung eines bestellten Sachwalters zu entrichten. Diese fällt mit 25 Prozent der dem Sachwalter zuerkannten Entschädigung nach Meinung von Benn-Ibler ebenfalls zu hoch aus.

Benn-Ibler trat vehement für "die sofortige Rücknahme dieser unhaltbaren Gebührenerhöhung" ein. Es dürfe keine "Budgetsanierung zulasten der Justiz" erfolgen.

Kritik übten die Anwälte auch an teilweise sehr langen Verfahren. Manche Richter würden geradezu Rechtsverweigerung betreiben, wie ÖRAK-Vizepräsident Rupert Wolff anhand eines Beispiels belegte: Am 21. Oktober suchte ein geschiedener Vater bei einem Salzburger Bezirksgericht um ein Besuchsrecht für seinen fünfjährigen Sohn an. Am 18. November wurde dem Mann eine Ladung für den 29. Jänner 2010 zugestellt. "Aufgrund mehrwöchiger urlaubsbedingter Abstinenz (kein Schreibfehler der APA, Anm.) der Verhandlungsrichterin kann im heurigen Jahr keine Verhandlung mehr stattfinden", beschied die Richterin dem Vater, der seinen Buben zumindest zu Weihnachten gern gesehen hätte.