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Rechtsanwälte legen Reform zu Sicherstellung von Datenträgern vor

Politik

Die geltende Regelung zu Handys und Festplatten sei nicht mehr zeitgemäß, argumentiert man die Erstellung des Entwurfs.


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"Es gibt keinen Zusammenhang mit derzeitigen Vorkommnissen", hält der Präsident der Österreichischen Rechtsanwaltskammer (ÖRAK) Armenak Utudjian gleich zu Beginn der Pressekonferenz fest. Wieso dieser Eindruck entstehen könnte, ist klar. Geht es doch um die Forderung nach einer Reform bei der Sicherstellung von Daten und Datenträgern wie Mobiltelefonen und Festplatten. "Die Regelung stammt aus 2004, das erste iPhone ist 2007 auf den Markt gekommen", das Gesetz sei veraltet, argumentiert Utudjian, dessen Interessenvertretung ein Gutachten der Strafrechtsexpertin Ingeborg Zerbes vorlegt - inklusive eines Gesetzesentwurfes, wie die Situation aus ihrer Sicht verbessert werden könnte. "Handys sind keine simplen Gegenstände", deshalb müsse man "die Beschuldigtenrechte auf ein rechtsstaatlich vertretbares Niveau" anheben. Für Daten auf einer Cloud sollen überhaupt die strengeren Regeln der Nachrichtenüberwachung angewandt werden.

Es gebe ein "klares Ungleichgewicht", wenn Beschuldigte keinen Zugang zu abgenommenen Daten mehr bekommen. Deshalb sollte man es wie bei einer Kommunikationsüberwachung anlegen und den Beschuldigten innerhalb einer kurzen Frist eine "bit-idente forensische Kopie des Datenträgers" zur Verfügung stellen, schlägt Zerbes vor. So hätten Beschuldigte auch die Möglichkeit, Entlastendes zu finden und zum Akt geben zu lassen. "Personen haben keine Einsicht, was ausgewertet wurde, das ist ein No-Go", meint auch Bernhard Fink, Vizepräsident der ÖRAK.

Zugriff erst abStrafmaß von einem Jahr

Der vorgelegte Gesetzesentwurf habe nicht zum Ziel, den Behörden Zugriff auf Daten zu nehmen, es gehe viel mehr um eine Anpassung rechtsstaatlicher Vorgaben. So sollte ein Zugriff erst ab einem möglichen Strafmaß von einem Jahr möglich sein und von einem Gericht bewilligt werden müssen. Das Gericht sollte "nicht nur abstempeln", sondern ordentlich prüfen, meint Utudjian dazu. Dass das zu einem erheblichen Mehraufwand der ohnehin schon überlasteten Gerichte führen könnte, lässt er nicht gelten: "Es darf keine Kompromisse bei der Rechtsstaatlichkeit geben." Auch Zufallsfunde sollen eingeschränkt werden, wenn es nach der ÖRAK geht: Zufallsfunde sollen nur verfolgt werden, wenn das entdeckte Delikt selbst zu einer Sicherstellung geführt hätte. Und: Ein solcher Zufallsfund sollte ein eigener Akt werden.

Auch wenn die medialen Verfahren nicht Grund dieser Initiative sind, geht man indirekt auf sie ein. Die Interessenvertretung fordert eine Beschränkung der Akteneinsicht für Mitbeschuldigte. In Casag- und Ibiza-Verfahren führt das derzeit zu Leaks - auch wenn Utudjian das im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" vor Kurzem noch verneint hat. Für Opfer gibt es diese Möglichkeit jetzt schon, um die Privatsphäre zu schützen. Für Zerbes wäre dieser Schritt eine Verbesserung des in der EMRK geregelten Schutzes der Privatsphäre.

Die Vereinigung der Staatsanwälte (StAV) steht dem Vorstoß in einer ersten Einschätzung grundsätzlich positiv gegenüber, einzelne Punkte sieht sie differenzierter - etwa die Ein-Jahr-Schranke bei Sicherstellungen. Die Einschränkung der Akteneinsicht würde viel mehr Ressourcen benötigen und zu längeren Verfahren führen, warnt die StAV.(pak)