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Rechtsformwahl im Sandkastenspiel

Von Alfred Abel

Wirtschaft

Die Steuerreform bringt die Qual der Wahl: Die Qual der richtigen Rechtsformwahl. Durch die neue Gewinnbegünstigung bei Einzelunternehmen und die künftige Senkung der Körperschaftssteuer bei den Kapitalgesellschaften wird der Umstieg von einer Unternehmensform zu einer anderen zum spannenden Sandkastenspiel für clevere Unternehmer. Die Wirtschaftsberater steigen bereits kräftig ins Lottospiel ein, Fachautoren bieten tiefschürfende Analysen, wache Softwarefirmen preisen Vergleichsspiele auf CD an. Die bessere Rechtsform als Vabanquespiel.


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Zwei Reformmaßnahmen haben den Boom der Überlegungen ausgelöst: die schon heuer geltende Begünstigung für den nicht entnommenen Betriebsgewinn (NEG) und die ab 2005 einsetzende Senkung der Körperschaftssteuer von derzeit 34% auf 25%. Zwei Maßnahmen, die kreative Steuertüftler dazu bringen, die beiden massiven Begünstigungen im Hinblick auf die bestehenden Betriebsstrukturen gegeneinander abzuwägen.

NEG versus KÖSt-Senkung

Die steuerliche Entlastung des im Betrieb verbleibenden, also vom Unternehmer nicht entnommenen Jahresgewinns besteht darin, dass dieser (Teil-)Gewinn bis zu 100.000 Euro nur mit dem halben Durchschnittsteuersatz dieses Jahres besteuert wird; der entnommene Teil des Betriebsgewinns unterfällt dem Normalsteuersatz.

Dieses Privileg steht allerdings nur für Einkünfte aus Land-/Forstwirtschaft und Gewerbebetrieben zur Verfügung, schließt also vor allem den Kreis der Freiberufler aus. Außerdem wird vorausgesetzt, dass die Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich erfolgt, was alle Einnahmen-Ausgaben-Rechner ausgrenzt.

Schließlich ist die Begünstigung nur den Einzelunternehmern und den Mitunternehmern (den Gesellschaftern von Personengesellschaften) zugänglich. Kapitalgesellschaften, darunter die Vielzahl der heimischen GmbHs, können also von dem NEG keinen Vorteil ziehen. Sie profitieren jedoch - ab 2005 - von einer anderen, nicht minderen fiskalischen Wohltat: von der starken Senkung der Körperschaftsteuer.

Umstieg ohne Garantie

Im Abwägen zwischen den Rechtsformen, die aus dem nicht entnommenen Gewinn Vorteile ziehen und dem Umstand, dass der Jahresgewinn der Kapitalgesellschaften um 9% entlastet wird, liegt nun die - nicht unriskante - Sophistik der Unternehmer und ihrer Berater. Nicht unriskant deshalb, weil eine Rechtsformänderung natürlich nicht nur steuerliche Aspekte hat, sondern auch erhebliche Kosten verursacht und niemand den nachhaltigen Effekt eines derartigen Einschnitts in das Unternehmerstatut vorhersehen oder gar garantieren kann.

In einer informativen Artikelreihe in den jüngsten Ausgaben der "Österreichischen Steuerzeitung" versuchen der Linzer Universitätsprofessor Michael Tumpel und die Klagenfurter Uni-Assistentin Sabine Kristen die wichtigsten steuerlichen Aspekte einer Rechtsformänderung im Zuge der Steuerre-formen 2004/2005 zu bewerten und seriös herauszuarbeiten. Dabei kommen sie zu folgenden Schlussfolgerungen.

1. Im Fall der Vollthesaurierung (bzw. vollen Nichtentnahme) des Jahresgewinns erweist sich die GmbH im Vergleich zu einem Einzelunternehmen, das den "NEG" nicht anwendet (oder nicht anwenden kann) ab einem Gewinn von rund 27.700 Euro als günstigere Rechtsform. Wird der NEG in vollem Ausmaß genutzt, so liegt die Ertragsteuerbelastung der GmbH erst ab einem Jahresgewinn über rund 119.600 Euro unter jener des Einzelunternehmens.

Neue Situation ab 2005

2. Bis Ende 2004 kann im Fall einer Vollausschüttung (bzw. bei voller Entnahme) des Jahresgewinns generell das Einzelunternehmen als die steuerlich attraktivere Rechtsform punkten. Das ändert sich jedoch 2005 zu Gunsten der GmbH. Bei einem Jahresgewinn von rund 134.600 Euro entspricht die GmbH-Steuerbelastung bei Vollausschüttung jener des nach dem Einkommensteuertarif besteuerten (voll entnehmenden) Einzelunternehmers. Bei höheren Gewinnen erweist sich die GmbH auch hier als die vorteilhaftere Rechtsform.

Zusammenfassend halten die Autoren die Rechtsform der Einzelunternehmung bei geringen Gewinnen und in Verlustsituationen (wegen des möglichen Verlustausgleichs und angesichts der Mindest-KÖSt bei GmbHs) weiterhin als die steuerlich attraktivere Gestaltung. Bei höheren Gewinnen erscheinen künftig die Kapitalgesellschaften, selbst bei Ausschüttungen, als attraktivere Gebilde.

Trend zur GmbH

Nicht ohne Einfluss auf die Umstiegsentscheidung bleibt dabei freilich die - nur bei Kapitalgesellschaften mögliche - Gewinnabschöpfung durch Leistungsbeziehungen der Gesellschafter, etwa als Geschäftsführer. Hier erfährt die Kosten und die Gewinnsituation durch die Dienstbezüge samt Lohnnebenkosten eine einschneidende Änderung.

Obgleich die Rechtsformwahl wesentlich von der Höhe der Leistungsentgelte abhängt und eine seriöse Aussage daher nur individuell möglich ist, kommen die Autoren auch hier zu dem Ergebnis, dass im Falle der Vollausschüttung (bzw. Vollentnahme) der GmbH gegenüber der Einzelunternehmung der Vorrang gebührt. Dies ist primär auf die Ersparnis an Körperschafts- und Kapitalertragssteuer zurückzuführen (und wohl auch auf die möglichen Lohnsteuervorteile beim 13. und 14. Bezug).