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Die Lenkberechtigung ist nach dem derzeit gültigen Führerscheingesetz (FSG) nur dann zu entziehen, wenn der Lenker gesundheitlich oder fachlich nicht mehr geeignet ist, ein Kraftfahrzeug zu lenken oder wenn seine Verkehrszuverlässigkeit weggefallen ist. Begeht der Lenker bestimmte schwere Verkehrsdelikte, wie das Fahren im alkoholisierten Zustand, gewisse Geschwindigkeitsüberschreitungen oder etwa riskante Überholmanöver, oder begeht er gar schwere strafbare Handlungen, wie etwa Mord, Raub oder Sittlichkeitsdelikte, dann hat die Behörde nach Wertung dieser Tatsachen zu entscheiden, ob und wie lange ihm die Lenkberechtigung entzogen wird. In der Regel ist die Lenkberechtigung für einen Zeitraum von mindestens drei Monaten zu entziehen, in einigen Fällen gibt es fixe Entziehungszeiten. Ausserdem kann bzw. muss die Behörde begleitende Maßnahmen, wie etwa eine Nachschulung, anordnen.
Das neue Vormerksystem
Mit der am 1. Juli 2005 in Kraft tretenden 7. FSG-Novelle soll nun zum bereits bestehenden Entziehungssystem auch ein Vormerksystem hinzutreten. Dieses gilt für Delikte, die zu den Hauptunfallursachen zählen, aber unterhalb der Schwelle für den Entzug der Lenkberechtigung liegen. Das Vormerksystem umfasst einen Katalog von 13 unfallträchtigen und risikobehafteten Delikten, deren Begehung dann für zwei Jahre im zentralen Führerscheinregister evident gehalten wird.
Zu diesen Delikten zählen etwa Vorrangverletzungen unter Missachtung der "Stopp-Tafel" oder des Rotlichts, die Gefährdung von Fußgängern auf Schutzwegen, Alkoholdelikte - und zwar das Überschreiten der "0,5 Promille-Grenze" (0,8 Promille Alkohol im Blut führen zum sofortigen Entzug der Lenkberechtigung) - sowie mangelnder zeitlicher Sicherheitsabstand im Bereich von 0,2 bis 0,4 Sekunden. Auch verkehrssicherheitsgefährdende technische Defekte, das Befahren von Pannenstreifen auf Autobahnen sowie mangelnde Sicherung von Kindern in Kraftfahrzeugen werden in das Führerscheinregister aufgenommen.
Bei der erstmaligen Begehung eines Vormerkdeliktes kommt es - neben der Geldstrafe - zu einer Vormerkung. Bei der zweiten Vormerkung eines Deliktes ist von der Behörde eine besondere Maßnahme anzuordnen. Das können etwa Nachschulungen, Perfektionsfahrten, ein Fahrsicherheitstraining oder Unterweisungen in lebensrettende Sofortmaßnahmen sein. Bei der dritten Vormerkung innerhalb von zwei Jahren ist die Lenkberechtigung auf mindestens drei Monate zu entziehen. Nach zwei Jahren werden vorgemerkte Delikte nicht mehr berücksichtigt.
Die Kritik und der Ausblick
Wird zuerst ein Vormerkdelikt begangen und später ein Entziehungsdelikt, so ist die Entziehungsdauer für jede im Register enthaltene Vormerkung um zwei Wochen zu verlängern. Wird das Vormerkdelikt nach einer Entziehung der Lenkberechtigung begangen, hat das keine entsprechenden Rechtsfolgen. Dies könnte dem Gleichheitsgrundsatz widersprechen, denn es kann wohl keinen Unterschied machen, ob der Lenker zuerst mit 0,5 Promille und dann mit 0,8 Promille betreten wird, oder umgekehrt.
Da die Vormerkung ohne Bescheid erfolgt, wird eine fehlerhafte Vormerkung erst mit dem Bescheid bekämpft werden können, der die Entziehung der Lenkberechtigung anordnet. Künftig könnten Entziehungsbescheide daher auch wegen fehlerhafter Anwendung des Vormerksystems rechtswidrig sein. Mit dem Vormerksystem wird erstmals ein umfassendes Frühwarnsystem für Risikolenker geschaffen. Ob das System aber tatsächlich zur Erhöhung der Verkehrssicherheit beiträgt, wird sich wohl erst in einigen Jahren zeigen.