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Rechtspopulisten starten mit Niederlage in die Regierung

Von Alexander Dworzak

Politik

Nur vier Prozent der norwegischen Öl- und Gas-Einnahmen fließen in Haushalt.


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Oslo/Wien. 40 Jahre dauerte es, nun ist die norwegische Fortschrittspartei am Ziel: Erstmals in ihrer Geschichte werden die Rechtspopulisten Koalitionspartner - wenn auch nur der kleinere in einer Minderheitsregierung. Denn dem konservativen Wahlsieger Høyre und der Fortschrittspartei gelang es nicht, die beiden Gruppierungen von Venstre und der Christenpartei mit ins Koalitionsboot zu holen.

Lediglich 77 der 169 Sitze im norwegischen Parlament entfallen auf das Zweierbündnis, das auf die 19 Stimmen der kleineren bürgerlich-liberalen Parteien angewiesen ist. Die Sozialdemokraten müssen, obwohl sie stimmenstärkste Fraktion bei der Wahl im September wurden, den Gang in die Opposition antreten. Nach acht Jahren stellt Høyre wieder den Regierungschef.

Gerangelt wird in der neuen Koalition noch um Posten. Siv Jensen, Chefin der Fortschrittspartei, will Finanzministerin werden. Eine erste Niederlage musste die 52-Jährige bereits einstecken. Entgegen ihren Forderungen fließen wie bisher nur maximal vier Prozent der jährlichen Öl- und Gas-Einnahmen in den Haushalt. Der Fonds ist mittlerweile mit rund 650 Milliarden Euro gespeist und soll den norwegischen Sozialstaat langfristig absichern. Gleichzeitig fehlt bereits heute das Geld für die Sanierung von Straßen, es gibt zu wenige Lehrer und Patienten müssen lange auf eine Operation warten. Doch die Konservativen wollen wie bereits die Arbeiterpartei zuvor den Geldhahn nicht aufdrehen.

Anzunehmen ist daher, dass Høyre ihrem Partner in der Einwanderungspolitik entgegenkommen wird - Ergebnisse der Koalitionsverhandlungen stehen noch aus. Jensen will den Zuzug von Ehepartnern drosseln; erst wollte sie gar Flüchtlingslager in Afrika statt in Norwegen errichten lassen. "In der Migrationspolitik und der Kritik am politischen Establishment agiert die Fortschrittspartei wie eine klassische rechtspopulistische Kraft. Sie setzt unter der seit 2006 amtierenden Siv Jensen aber auf gemäßigtere Töne. Wirtschaftspolitisch fährt sie einen liberalen Kurs, fordert etwa Steuererleichterungen", erklärt der Politologe Jo Saglie vom Osloer Institut für Sozialstudien gegenüber der "Wiener Zeitung".

"Große Koalition zerstört Identität der Parteien"

Ganz anders als in Österreich gilt in Norwegen eine große Koalition zwischen Høyre und der Arbeitspartei als undenkbar, während Minderheitsregierungen Bestand haben, sagt Saglie: "Die beiden Großparteien könnten inhaltlich gemeinsam regieren. Aber es würde ihre Identität zerstören."