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Rechtsrahmen für Homeoffice fehlt

Von Marina Delcheva und Bernd Vasari

Wirtschaft

Homeoffice soll Corona-Ansteckungen am Arbeitsplatz senken. Die Dos, Don’ts und vielen Maybes bei der Arbeit zu Hause.


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Die kurze Verschnaufpause ist vorbei. Das Coronavirus breitet sich wieder deutlich schneller aus als in den Sommermonaten, vergangene Woche wurden täglich bis zu 900 Menschen positiv auf das Virus getestet. Geht es nach Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), steht das Land "vor einer zweiten Welle". Deshalb warb die Regierung am Sonntag nach einem Treffen mit den Sozialpartnern wieder für mehr Homeoffice. Laut Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) könne das Homeoffice dazu beitragen, schärfere Maßnahmen zu verhindern.

Am Dienstag wollen die Sozialpartner und Regierungsvertreter gegen die Corona-Arbeitskrise beraten. Das Homeoffice soll auch Thema sein. Und Gesprächsbedarf gibt es reichlich. Denn auch nach dem Lockdown im Frühjahr bewegt sich das Homeoffice rechtlich in einem Graubereich. Dennoch greift das Arbeitsrecht aber auch in den eigenen vier Wänden.

  • Gibt es ein Gesetz, das die Arbeit zu Hause regelt?

"Es gibt keine einheitlichen, kodifizierten Regeln für das Homeoffice", sagt der Arbeitsrechtsexperte Rainer Kraft zur "Wiener Zeitung". Genau das soll jetzt Gegenstand von Verhandlungen zwischen den Vertretern der Wirtschaft und der Gewerkschaft werden. Bisher wurde das Homeoffice in Betriebsvereinbarungen und Dienstverträgen geregelt. Einzelne Kollektivverträge, etwa bei den Angestellten in der metallverarbeitenden Industrie, enthalten auch rudimentäre Vorgaben dazu. Das Heimarbeitsgesetz hat mit dem Homeoffice, das derzeit diskutiert wird, übrigens nichts zu tun. Das richtet sich an kleine Selbständige, die einfache Tätigkeiten von Zuhause verrichten, wie zum Beispiel das Zusammenbauen von Kugelschreibern.

  • Wo findet Homeoffice statt?


Grundlegend ist Homeoffice eine Vereinbarungssache zwischen Dienstgeber und Arbeitnehmer. Es gibt keine gesetzliche Definition, welcher Ort als Homeoffice gilt. "Der Vereinbarung sind keine Grenzen gesetzt", sagt Christian Dunst, Arbeitszeitexperte bei der Arbeiterkammer. Ob am Zweitwohnsitz, im Kaffeehaus oder am Meer in Italien, wenn der Arbeitgeber zustimmt, muss Homeoffice nicht in den eigenen vier Wänden sein.

  • Kann der Arbeitgeber Homeoffice verbieten?

In Zeiten von Covid-19 sind Risikopatienten noch mehr gefährdet. Wollen sie zur Sicherheit von daheim arbeiten, ist jedoch eine Arztbestätigung notwendig, auf der die gesundheitlichen Risiken bestätigt werden. "Eine eigene Einschätzung als Risikopatient wird hingegen nicht die gewünschte Wirkung beim Arbeitgeber erzielen", sagt Dunst.

Umgekehrt ist es für Menschen mit kleinen Kindern in bescheidenen Wohnverhältnissen schwierig, von daheim zu arbeiten. Wenn sie trotz Homeoffice-Anordnung des Dienstgebers lieber im Büro arbeiten wollen, kann ein Blick in den Arbeitsvertrag helfen. Darin wird der Arbeitsort vereinbart. Grundsätzlich kann man einen Arbeitnehmer aber nicht dazu verpflichten, zu Hause einen funktionsfähigen Arbeitsplatz zu haben. Besteht der Dienstgeber trotzdem auf Homeoffice, kann er den Arbeitnehmer nur dienstfrei stellen. Er muss ihn weiterbezahlen, ohne dass dieser arbeitet.

  • Muss Arbeitsmaterial zur Verfügung gestellt werden?

Ja, der Arbeitgeber muss grundsätzlich das Arbeitsmaterial zur Verfügung stellen. "Es ist wie bei einem Installateur", sagt Dunst. "Wenn er kein Werkzeug bekommt, kann er nicht arbeiten." Private Computer und Handys sind daher keine Arbeitsgeräte. Unklarer ist es bei Stromkosten, Internetverbindungen und Datenverbrauch. "Es ist nicht ausjudiziert, wie sich hier private und dienstliche Kosten trennen lassen", erklärt der Arbeitszeitexperte. Er verweist aber auf die rechtliche Möglichkeit eines Aufwandersatzes.

  • Welche Zeitvorgaben gelten zu Hause?


Die Aufteilung der Arbeitszeit im Homeoffice ist derzeit "reine Vereinbarungssache", erklärt Kraft. Der Arbeitgeber kann eine fixe Arbeitszeit verlangen, wie auch beim Homeoffice selbst, kann er sie aber in der Regel nicht einseitig anordnen. Der Arbeitgeber muss also zustimmen. "Es ist längst überfällig, dass man hier einheitliche gesetzliche Vorgaben schafft", meint der Experte. Denn derzeit komme von fixer bis zur Vertrauensarbeitszeit die gesamte Palette zur Anwendung. Was allerdings auch im Homeoffice notwendig ist, ist die Aufzeichnung der Arbeitszeit. Da reicht allerdings nur das Vermerken der Arbeitsstunden - ohne Pausen, Beginn- und Schlusszeiten. Allerdings darf der Arbeitgeber eine genauere Aufzeichnung verlangen.

  • Wer haftet für Schäden bei Unfällen?

Eltern haften für ihre Kinder und Haustiere. Oder: Wenn das Kind seinen Kakao über den Dienstlaptop gießt und er kaputtgeht, muss ihn der Arbeitnehmer ersetzen. Unter Umständen greift auch die Haushaltsversicherung. Hier unterscheidet das Gesetz allerdings nach dem Grad der Verschuldung, also ob man grob oder nur leicht fahrlässig gehandelt hat und wie das Arbeitsmaterial aufbewahrt wird.

"Extrem haarig", wie der Arbeitsrechtler Kraft meint, wird es bei Unfällen mit Personenschaden im Homeoffice. "Unfälle, die mit der Diensttätigkeit zu tun haben, sind eher Arbeitsunfälle. Kommt ein privates Element hinzu, ist es eher ein Haushaltsunfall." Es gebe aber hier wenig Rechtssicherheit und vieles hänge von der Darstellung der Person ab, ob etwas als Arbeits- oder als Freizeitunfall eingestuft wird. In der Versicherungsleistung macht das aber einen großen Unterschied. Denn bei Arbeitsunfällen greift die Allgemeine Unfallversicherung (AUVA). Diese wiederum bietet bessere Dienstleistungen und je nach Fall auch eine längere Entgeltfortzahlung im Krankenstand oder bei dauerhaften Schäden eine lebenslange Rente.