Anklage in den USA wäre für UBS kaum zu verkraften. | G-20-Gipfel will Steueroasen den Kampf ansagen. | Österreich brechen die Mitstreiter weg. | Die Schweizer Staatsspitze ist sauer. Zunächst musste sie der Großbank UBS mit Milliardensummen unter die Arme greifen, da sich diese auf dem Markt für amerikanische Hypothekenpapiere verzockt hatte. Und nun sehen sich die Eidgenossen gar gezwungen, ihr als sakrosankt geltendes Bankgeheimnis massiv zu durchlöchern, weil das Institut reichen US-Amerikanern bei der Steuerflucht geholfen hat. Nach der wirtschaftlichen Zuverlässigkeit ist auch die viel gepriesene Diskretion in Frage gestellt. Von der Identität des einst so stolzen Finanzplatzes scheint wenig übrig geblieben zu sein.
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Dass die Übermittlung der Kontodaten von 300 UBS-Kunden an die US-Behörden leichtfertig erfolgt, kann man den Schweizern nicht nachsagen. Eine Anklage in den USA hätte aber das ohnehin schwer gebeutelte Finanzinstitut endgültig in den Abgrund reißen können. Bundespräsident Hans-Rudolf Merz spricht gar von einem "Klumpenrisiko" für die Schweizer Volkswirtschaft.
Merz verschanzt sich hinter der Argumentation, dass bei echtem Steuerbetrug schon bislang Datenaustausch möglich war - im Gegensatz zu bloßer Hinterziehung, bei der keine Daten aktiv gefälscht werden. Allerdings haben die Schweizer Behörden im Fall UBS in beispielloser Weise den Amtsweg abgekürzt. Einspruchsmöglichkeiten für Betroffene gibt es nicht.
Neue Klage gegen UBS
Dabei lauert schon die nächste Gefahr: Die US-Steuerbehörde hat im Rahmen einer Zivilklage Einblick in sämtliche 52.000 UBS-Konten von US-Bürgern verlangt. Deren Preisgabe ohne Vorliegen eines Betrugsvergehens oder gar nur eines konkreten Verdachtes würde in krassem Widerspruch zum Bankgeheimnis stehen. UBS will diese Klage nun anfechten.
Die gesamte Angelegenheit zeigt jedoch, wie rasch die derzeitige Krise dafür sorgen kann, bis dato schier unausrottbare Intransparenzen im Finanzsektor abzustellen. Einerseits hat die US-Politik - angesichts des wirtschaftlichen Niedergangs - jedes Interesse daran zu beweisen, dass sie effektiv gegen reiche Steuerflüchtlinge vorgeht.
Andererseits befindet sie sich in einer neuen Machtposition: Obwohl jedes Aufweichen des Bankgeheimnisses der UBS wirtschaftlich massiv schadet, ist das Nachgeben letztlich die einzige Rettung für die angeschlagene Bank gewesen.
Diese Neuordnung der Kräfteverhältnisse könnte nicht nur die Schweiz, sondern etwa auch Österreich zu spüren bekommen. Dieses wird ja wegen seines Bankgeheimnisses schon seit langem von Deutschland kritisiert. Sollte der heimische Finanzplatz überdies wegen seines Ost-Engagements in Probleme geraten, würden wohl Zugeständnisse an der Geheimnisfront die stockende Bereitschaft zu EU-Hilfen für Osteuropa deutlich steigern.
Unmittelbare Auswirkungen der UBS-Affäre auf Österreich gibt es jedoch noch nicht ab. Allerdings kommt die österreichische Argumentation, dass wegen drohender Wettbewerbsnachteile gegenüber Nicht-EU-Ländern wie der Schweiz oder Liechtenstein das Bankgeheimnis nicht verhandelbar sei, nun gehörig unter Druck.
Druck von USA und GB
Beide Länder scheinen sich diesbezüglich zu bewegen. Auch Belgien hat bereits deutlich gemacht, dass ihm nichts an der Geheimhaltung der Kunden seiner krisengebeutelten Banken liegt. So bleibt nur noch Luxemburg als Verbündeter.
Auf internationaler Ebene forcieren die USA und Großbritannien nun auch das Austrocknen von Steueroasen. Beim G-20-Gipfel im April sollen entsprechende Schritte eingeleitet werden. Inwieweit eigene Hinterhöfe wie die Karibik oder die Kanalinseln betroffen sein werden, bleibt aber abzuwarten.