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Reden über Klimaschutz als Selbstberuhigung?

Von Hans Holzinger

Gastkommentare

Nicht Umweltkonferenzen, sondern die Frage, wohin das Geld der Welt geht, entscheidet über die Chancen von Klimapolitik.


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Das International Panel of Climate Change (IPCC) hält eine Erwärmung der Erde um maximal zwei Grad Celsius für verkraftbar, ohne unumkehrbare Kippeffekte zu riskieren. Um das Zwei-Grad-Ziel zu erreichen, müsste jedoch ein beträchtlicher Teil der bekannten Öl- und Kohlevorräte unter der Erde bleiben. Energieprognosen besagen freilich, dass dies nicht der Fall sein wird. Die Internationale Energieagentur (IEA) rechnet mit einem weiteren Anstieg des globalen Energieverbrauchs um bis zu 40 Prozent bis 2035.

Da hilft es wenig, dass der Anteil der erneuerbaren Energieträger von 13 auf 18 Prozent ansteigen wird. In den nächsten 20 Jahren wird, sollte die IEA recht behalten, ein Drittel mehr an Fossilenergie verheizt werden als heute. Der Ausstoß an Treibhausgasen wird weiter steigen. Doch es gibt eine rege Szene im Bereich der Erneuerbaren Energieträger, ließe sich einwenden. In der Tat: Zwischen 2000 und 2014 wuchs die weltweit installierte Kapazität an Photovoltaik-Modulen im Schnitt jährlich um 44 Prozent, so eine Studie des Fraunhofer-Instituts. Auch die Wachstumszahlen bei Windkraft können sich sehen lassen: beachtliche 16 Prozent weist die IG Windkraft für 2014 aus.

Die Investitionen in Erneuerbare Energie haben sich in den vergangenen 10 Jahren von knapp 40 Milliarden Dollar auf 270 Milliarden verfünffacht, wie dem "Renewables 2015 Global Status Report" zu entnehmen ist. Doch die öffentlichen Förderungen für Erdöl, Erdgas und Kohle - laut IEA waren es 2014
523 Milliarden Dollar - liegen noch immer beim Doppelten der Gesamtinvestitionen in Erneuerbare Energie.

Während China über die größten Kohlevorkommen der Welt verfügt und diese auch staatlich subventioniert verheizen werden, sind die USA mit ihrer Strategie des Fracking als Big Player in den Kreis der Fossilbranche zurückgekehrt. Und die Opec-Staaten verweisen darauf, dass sich ihre Ölvorkommen keineswegs dem Peak Oil nähern.

Hoffnungen werden nun in die Bewegung des "Desinvestment" gesetzt. Kapitalanleger werden aufgefordert, nicht mehr in Fossilenergie zu investieren. Die Strategie erscheint plausibel, doch kann sie auch blauäugig sein. Auf Finanzmärkten zählen Gewinne.

Auch wenn zuletzt einige Förderprojekte zurückgestellt wurden, bleibt auch hier Skepsis angebracht. Die globalen Geldvermögen sind laut einer Studie der Boston Consulting Group von 2013 bis 2014 auf 156,3 Billionen Dollar gestiegen, was einem Zuwachs von 17,5 Billionen Dollar entspricht. Dieses Geld wird zwar weitgehend reinvestiert, aber wohl nur zu einem geringen Teil in nachhaltige Projekte. Sinnvoller wäre es, einen Teil dieser Vermögen abzuschöpfen, um eine globale Energiewende zu finanzieren, die auch den Ländern nachholender Entwicklung zu Gute käme und im Sinne der soeben von der Staatengemeinschaft verkündeten Sustainable Development Goals wirken würde.

Fazit: Nicht Umweltkonferenzen, sondern die Frage, wohin das Geld der Welt geht, entscheidet über die Chancen von Klimapolitik. In den reichen Ländern steht zudem ein radikaler Umbau der Mobilitäts- und Konsumstrukturen an, andernfalls bleibt das Reden über Klimaschutz nicht mehr als heiße Luft und Selbstberuhigung.