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Reden wir doch einfach wieder übers Fahren . . .

Von Helmut Dité, Malaga

Wirtschaft

Reden wir über was anderes: Nach dem Hin- und Hergeraunze von so manchem zum Thema "Design" des "7er" lenken die Bayerischen-Motoren-Werke zur Überarbeitung der Baureihe in der Mitte des Modellzyklus die Aufmerksamkeit nun wieder auf die wichtigeren Dinge des Lebens - Motoren, Fahrwerk, Technik. Die meistverkaufte große Limousine des Hauses war der bisherige 7er ohnehin, umstrittener Bangle- - oder besser - van Hooydonk-"Rucksack" am Heck hin, "Tränensäcke" unter den Scheinwerfern her.


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Mit knapp 160.000 weltweit an Kunden übergebenen Fahrzeugen ist die vierte Generation der BMW-7er Reihe die bisher erfolgreichste: Nach 38 Monaten im Markt hat er die Vorgängergeneration um acht Prozent übertroffen, mit knapp 58.000 weltweit verkauften Fahrzeugen lag er 2003 in seinem bisher besten Jahr knapp 14 Prozent über dem Spitzenjahr des Vorgängermodells (1997). Und, das freut die Münchner besonders, die irgendwie ja doch immer nach Stuttgart "zum zweiten süddeutschen Anbieter" schielen: In Deutschland wurde 2004 die Marktführerschaft bei den Luxuslimousinen erobert. Besonders beeindruckend war das Wachstum des 7er Volumens allerdings in der Vertriebsregion "Asien, Mittlerer Osten, Osteuropa, Ozeanien und Afrika": Dort wurde mehr als verdoppelt.

Von dort kamen auch keine Protestbriefe an BMW-Designer Chris Bangle wegen des tablettartigen Heckaufsatzes und der "Tränensäcke" unter den Scheinwerfern - die in Wirklichkeit gar nicht Bangles, sondern des Niederländers Adrian van Hooydonks Entwürfe waren, der bis 2001 das BMW-Designstudio in Kalifornien leitete. "Beim Modell 2001 ging es vor allem um Präsenz und Status", betont van Hooydonk, seit Herbst 2004 Chefdesigner der Marke BMW, während Bangle zum Herrn über das Styling im Gesamtkonzern inklusive Mini, Rolls Royce und Motorräder aufstieg, "jetzt zeigen wir mehr Sportlichkeit".

Mit deutlich erhöhten Fahrleistungen bei konstantem, teilweise sogar niedrigerem Verbrauch, mit Optimierungen im Fahrwerksbereich, beim iDrive Bediensystem und den Ausstattungen wollen die Münchner den Führungsanspruch in der Oberklasse untermauern. "Feinarbeit im Design" zur "Illustration der zusätzlichen Fahrdynamik und Sportlichkeit" wird in den Pressemappen erst unter Punkt 8 angeführt.

Reden wir also von der Technik: Fünf von sechs Motorenvarianten sind neu oder grundlegend überarbeitet, nur das V12-Toptriebwerk des 760 konnte man vorerst nicht mehr steigern.

Bei den Modellen mit Achtzylinder-Benzinmotor - mit gut 60 Prozent Anteil am gesamten Absatz - ersetzen der 750i (367 PS, 490 Nm) und der 740i (306 PS, 390 Nm) die bisherigen Modelle 745i und 735i. Als Einstiegsmodell hat der 730i nun den schon aus dem 6er bekannten Reihensechszylinder mit Magnesium-Aluminium-Verbund-Kurbelgehäuse. Der gegenüber seinem Vorgänger um 10 kg leichtere Motor leistet 258 PS, liefert ein maximales Drehmoment von 300 Newtonmetern und verbraucht trotz der um 12 Prozent gestiegenen Leistung 4,7 Prozent weniger Kraftstoff. Unter Verweis auf "höchste Literleistung und geringstes Leistungsgewicht" spricht BMW schlicht vom "innovativsten Benzintriebwerk, das derzeit in Großserie hergestellt wird".

Mehr Hubraum und mehr Kraft - bei teilweise sogar gesenktem Verbrauch gibt es auch bei den - größtenteils aus Steyr kommenden - Dieseltriebwerken: Aus 740d wird 745d - ein vollkommen neu entwickelter V8. Der Reihensechszylinder des 730d wurde grundlegend überarbeitet. Mit der Einführung von Vollaluminium-Kurbelgehäuse, Common Rail der 3. Generation mit Piezo-Einspritztechnik und EU-4-Abgastechnologie - mit serienmäßigem Partikelfilter - sieht BMW bei den Dieseltriebwerken wieder einen "Technologiesprung": Der V8 mit 300 PS und nicht weniger als 700 Nm sei die neue "Messlatte". Der ebenfalls - um 25 Kilo - leichter gewordenen Reihensechszylinder leistet jetzt 231 PS und liefert ein maximales Drehmoment von 520 Newtonmetern.

Da kommt sehr wohl die viel beschworene "Freude am Fahren" auf, vor allem wenn das Gesamtpaket stimmt: Die in allen Modellen serienmäßige Sechsgang-Automatik etwa - eine mittlerweile legendäre ZF-Konstruktion - und das mit breiterer Spur hinten und überarbeiteter Achskinematik daher kommende Fahrwerk, das schon bisher in dieser Klasse die ausgewogenste Mischung von Dynamik und Komfort geboten hat. Oder in Prosa: Kein anderes Luxusschiff fährt sich auch im schmalsten Kurvengeschlängel so wie "i man i dram" - das zumindest riefen wir im Chor mit Kollegenbuben, die ebenfalls schon seit der Volksschule diskutieren, was denn nun das beste Auto der Welt sei, nach den ersten Testkilometern in Südspanien.

"Feinarbeit im Design" heißt bei BMW schließlich die Reaktion auf das Gemurmel der Kritiker: Im Frontbereich geben schärfer geschnittene Sicken der Motorhaube optisch mehr Länge und Kontur, die Ausbuchtungen der Lampen sind weg, der Hintern wirkt breiter, tiefer, schärfer. "Der 7er ist insgesamt etwas edler und sportlicher geworden", formuliert van Hooydonk - und, fast trotzig, "obwohl die Fugen immer noch dort sind, wo sie waren".

Auch das ebenfalls oft harsch kritisierte Bediensystem "iDrive" für Klima, Unterhaltung, Navigation und so weiter, für alles halt, was man so neben dem Fahren noch zu tun müssen glaubt, wurde verbessert. Eine neue Grafik und Farbcodierung erleichtern das Navigieren durch die acht Hauptmenüs - jawohl, man kann jetzt einfacher vom Radio zum CD-Player wechseln. Schon bisher kam die Kritik an iDrive aber eher weniger von den Fahrern als von den Theoretikern. Denn die Fahrer drehten lieber am Lenkrad als am Drehknopf auf der mächtig breiten Mittelkonsole. Und das wird, auch wenn fast jeder zweite 7er ein länger gestreckter "Li" mit mehr Fußraum für den Herrn Direktor im Fond ist, so bleiben. Allein die Geschichten vom Gerangel um den Platz am Volant zwischen Gast und Chauffeur, die von den als Shuttle-Fahrern eingesetzten Münchner Studenten angedeutet werden - sagen dürfen sie nix, sonst verlieren sie den begehrtesten Job Bayerns - lassen ahnen, worauf es halt auch bei großen Autos ankommt.