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Chavez setzt auf wirtschaftlich Benachteiligte. | Die Opposition befürchtet ein zweites Kuba. | BuenaVista. (reuters) Ein schwarzer Fleck verunziert eine Wand in Aurelia Velazquez´ Lehmhütte. Das, erklärt die Venezolanerin, sei der Ruß von der Kerosinlampe, die sie 20 Jahre lang benutzt habe. Die Regierungen in der Hauptstadt Caracas kamen und gingen, das südamerikanische Land stieg zu einem der weltweit größten Ölexporteure auf, doch für elektrisches Licht in Velazquez´ Behausung reichte es nicht. Vor drei Monaten wurde das anders: Ein von dem linken Staatschef Hugo Chavez initiiertes Bürgerkomitee verschaffte der Bäuerin einen Stromanschluss. "Ich bin so glücklich", sagt Velazquez und zeigt stolz auf die Glühbirne an der Decke.
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Es sind vor allem die wirtschaftlich Benachteiligten, auf die Chavez beim Verfassungsreferendum am Sonntag setzt. Er hat die Abstimmung zur Entscheidung über seine Präsidentschaft erklärt. Wer ihm dankbar ist, müsse für ihn stimmen, lautet die Botschaft. Zudem lockt er mit einer Verkürzung der täglichen Arbeitszeit von acht auf sechs Stunden und Sozialleistungen.
Doch gleichzeitig will Chavez dem Präsidenten - also sich selbst - die unbegrenzte Wiederwahl erlauben und seine Amtszeit von sechs auf sieben Jahre verlängern. Enteignungen sollen erleichtert, die Unabhängigkeit der Zentralbank abgeschafft werden. Chavez nennt das Sozialismus, und den will er als Staatsziel in die Verfassung schreiben.
Für die Opposition zeigt das: Chavez möchte aus Venezuela ein zweites Kuba machen - ihrer Meinung nach eine korrupte Diktatur, die auch die Mittelklasse enteignet und Gegner ins Gefängnis steckt.
Die überwiegende Mehrheit hat das bisher anders gesehen und Chavez in allen Wahlen seit seinem Amtsantritt 1999 Siege beschert. Die meisten Venezolaner hätten - so die Chavez-Anhänger - früher nicht mehr Mitspracherecht gehabt als jetzt. Tatsächlich hatte eine kleine Gruppe reicher Familien die Macht unter sich aufgeteilt.
Doch Chevez´ Vorsprung in den Umfragen ist geschrumpft. Auch viele Arme fürchten eine weitere Machtkonzentration im Präsidialamt. Gleichzeitig verursachen Versorgungsengpässe bei Lebensmitteln wie Milch und Eiern Unmut. Das könnte das Referendum zur bisher schwierigsten Abstimmung für Chavez machen.