Für eine zügige Umsetzung der Reformvorschläge aus dem Verfassungskonvent spricht sich Gerhart Holzinger, VfGH-Mitglied und Präsident der Österreichischen Juristenkommission (ÖJK), aus: "Je mehr Zeit verstreicht, desto höher die Gefahr, dass das Ganze sanft entschlummert."
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Verfassungsbereinigung - Reform der Verwaltungsgerichtsbarkeit - ein einheitlicher Grundrechtskatalog: Drei Punkte, über die im Konvent Konsens erzielt worden sei. Drei Punkte, die nach Meinung Holzingers, der selbst im Konvent die Kommission III (Staatliche Institutionen) leitete, auch ihren Weg in die österreichische Verfassung finden könnten. Geschehe dies allerdings nicht noch in dieser Legislaturperiode, drohe dem Österreichkonvent ein ähnlich trauriges Schicksal wie den meisten Verfassungs-Reformprojekten vergangener Jahrzehnte. Ein Ziel der ÖJK- Frühjahrs-Tagung in Weißenbach am Attersee sei es daher, die Reform-Diskussion nicht abreißen zu lassen.
"Wiener Zeitung": Thema der ÖJK-Tagung ist u.a. die Grundrechtsreform - ist eine solche Reform, nachdem im Konvent keine Einigung gefunden werden konnte, nicht in weite Ferne gerückt?
Gerhart Holzinger: Wir haben dieses Thema bewusst gewählt, weil wir die Diskussion um die Verfassungsreform und insbesondere die Grundrechtsreform auch nach Endedes Konvents fortsetzen wollen. Grundrechtsschutz ist ja unser zentrales Anliegen. Es wäre Schade, wenn die im Konvent gefundenen Kompromisse verloren gingen. Der Reformansatz sollte nicht das Schicksal früherer Reformen erleiden, die alle mit großem Elan begonnen und dann - entweder ohne Auswirkungen oder nur mit marginalen Auswirkungen auf die Verfassung - versandet sind. Der Österreich-Konvent war eine Riesenarbeit, es hätte keinen Sinn, wenn in 20 Jahren andere wieder von vorne anfangen müssten.
Den Konvent sehen Sie nicht als gescheitert an?
So schlecht wie landläufig dargestellt sind die Ergebnisse des Konvents nicht. Zwar gibt es keinen einheitlichen Verfassungsentwurf - aber wenn man den umfangreichen Bericht des Konvents durchblättert, sieht man deutlich, wie viele brauchbare Textvorschläge existieren, auf die zurückgegriffen werden kann. Weiters wird die Konventsarbeit in einem Nationalrats-Ausschuss fortgesetzt, der sich demnächst konstituieren soll. Und es gibt immerhin drei wesentliche Punkte, bei denen unter den Konventsteilnehmern weitgehender Konsens geherrscht hat.
Welche sind das?
Zum einen die formelle Bereinigung der Verfassung: Die Vorschläge hier sind unisonso begrüßt worden. Die könnte man sofort umsetzen. Zweitens die Reform der Verwaltungsgerichtsbarkeit. Schließlich gibt es auch beim Grundrechtskatalog einen weit reichenden Konsens - die sozialen Grundrechte mit eingeschlossen. Nur die Frage der Durchsetzung ist nicht in jeder Hinsicht geklärt. Wenn es gelänge, allein diese drei Punkte umzusetzen, hätten wir aus rechtsstaatlicher Sicht die bedeutendste Verfassungsreform seit dem Jahr 1920.
Juristenkommission
Ab Donnerstag treffen einander die Mitglieder der Österreichischen Juristenkommission (ÖJK) in Weißenbach am Attersee, um drei Tage lang "aktuelle Fragen des Grundrechtsschutzes" zu diskutieren. Themen sind die Grundrechtsreform ebenso wie staatliche Maßnahmen zur Kriminalitäts- und Terrorbekämpfung. Die ÖJK ist eine im Jahr 1963 gegründete Vereinigung hochrangiger Juristen aller Berufsgruppen. Sie sieht es als ihre Aufgabe, sich für Gerechtigkeit, Rechtsstaatlichkeit und für die Grundrchte einzusetzen. Die Publikationen der ÖJK erscheinen im Neuen Wissenschaftlichen Verlag.