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Reformkanzler Josef Klaus ist tot

Von Brigitte Pechar-Nitsch

Politik

Altkanzler Josef Klaus ist Mittwochabend, kurz vor seinem 91. Geburtstag, in einem Seniorenheim in Wien-Döbling gestorben. Dort hatte er mit seiner Frau, die er bis zu ihrem Tod am 1. Jänner dieses Jahres aufopferungsvoll gepflegt hat, gelebt.


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Mit Josef Klaus erreichte die ÖVP zum zweiten Mal - nach dem Wahlsieg 1945 - 1966 die absolute Mehrheit und bildete nach dem Scheitern der Koalitionsverhandlungen mit der SPÖ die erste Alleinregierung in der Zweiten Republik. Klaus hatte bereits 1964 Alfons Gorbach (V) als Kanzler abgelöst.

Josef Klaus wurde am 15. August 1910 als Sohn eines Bäckers im oberkärntnerischen Mauthen geboren. Seine Mutter, die vier Kinder alleine aufgezogen hat, lehrte ihn die Liebe zu Büchern und Natur. Klaus besuchte das Gymnasium in Klagenfurt und studierte anschließend in Wien Jus. Nach seiner Promotion wurde er Sekretär von Josef Staud, dem Vorsitzenden der ständestaatlichen Einheitsgewerkschaft, wechselte dann in die ebenfalls gleichgeschaltete Arbeiterkammer. 1936 heiratete er seine Frau Erna. Klaus war die gesamten sechs Kriegsjahre von 1939 bis 1945 Soldat, allerdings als Akademiker in Kanzleien und nicht als kämpfender Soldat. Erst unmittelbar vor Kriegsende musste Klaus in den Kampf und geriet in amerikanische Kriegsgefangenschaft.

Nach dem Krieg eröffnete Klaus eine eigene Rechtsanwaltskanzlei. 1949 wurde er Vizebürgermeister in Hallein, der Heimatstadt seiner Frau, noch im selben Jahr, am 1. Dezember, wurde er, 39jährig, Salzburger Landeshauptmann. In dieser Funktion blieb er 12 Jahre lang. 1961 holte ihn Gorbach als Finanzminister in sein Team. Klaus setzte eine harte Sparpolitik bei allen Bundesausgaben um, nach dem von ihm oft zitierten Motto: "Man kann nur ausgeben, was man einnimmt." Nach der Nationalratswahl 1962 war er nicht mehr bereit, das Finanzministerium weiter zu führen.

1963 folgte in einer Kampfabstimmung gegen Heinrich Drimmel seine Wahl zum ÖVP-Bundesparteiobmann. Die Parteireformer rund um Generalsekretär Hermann Withalm setzten schließlich durch, dass Gorbach das Kanzleramt an Klaus abgab. Am 2. April 1964 wurde Josef Klaus als Bundeskanzler einer Koalitionsregierung mit der SPÖ angelobt.

Bei den Nationalratswahlen am 6. März 1966 errang die ÖVP mit Klaus an der Spitze mit mehr als 48 Prozent 85 Mandate und damit die absolute Mehrheit, dennoch führte Klaus Koalitionsverhandlungen mit dem damaligen SPÖ-Chef Bruno Pittermann. Allerdings ohne Ergebnis. Klaus war damit der erste Kanzler einer ÖVP-Alleinregierung in der Zweiten Republik. In sein Regierungsteam holte er mit Grete Rehor als Sozialministerin erstmals eine Frau.

Zwischen 20. April 1966 und dem 31. Oktober 1969 wurden insgesamt 600 Regierungsvorlagen eingebracht. Darunter das neue Rundfunkgesetz, basierend auf dem Rundfunkvolksbegehren, das im Oktober 1964 fast 850.000 Unterschriften erhielt und das erste Volksbegehren der Zweiten Republik war. Im Frühjahr 1967 wurden Verhandlungen mit Italien mit dem Südtirol-Paket erfolgreich beendet. Klaus gelang es auch, mehrere UNO-Einrichtungen, darunter die UNIDO, nach Wien zu bringen. Außerdem fiel in die Ära Klaus eine Steuerreform mit einer Senkung der Lohn- und Einkommensteuer von 3,9 Mrd. Schilling.

Klaus scharte um sich ein junges, sehr gutes Team. Zu diesen "Klaus-Buben" zählten Thomas Klestil, Alois Mock, Heinrich Neisser, Peter Marboe, Michael Graff, Leo Wallner, Fritz Hoess, Josef Taus und Wolfgang Schmitz.

Klaus legte viel Wert auf Grundsatzdebatten. Er repräsentierte den Stil der "Sachlichkeit": auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse Lösungen finden und diese dann konsequent umsetzen, antiideologisch, aber wertebezogen.

Die SPÖ reagierte auf die absolute Mehrheit der ÖVP und wählte 1967 den großbürgerlichen Intellektuellen Bruno Kreisky als Nachfolger Pittermanns zum neuen Parteivorsitzenden - in einer Kampfabstimmung gegen den Arbeiterfunktionär Hans Czettel. Kreisky scharte in der Opposition Intellektuelle und Künstler um sich und konnte das neue Medium Fernsehen besser nutzen als Klaus. Trotz guter sozioökonomischer Daten wurde die Regierung Klaus am 1. März 1970 abgewählt, die SPÖ erreichte die relative Mehrheit, Kreisky bildete eine Minderheitsregierung. Klaus übergab am 22. Mai 1970 sein Amt als ÖVP-Obmann an Withalm.

Literatur: Peter Pelinka, Österreichs Kanzler. Von Leopold Figl bis Wolfgang Schüssel, Verlag Carl Ueberreuter, Wien 2000