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Regelmäßiges Drehen an der Preisschraube: Aber wo bleiben die Visionen für die Stadt?

Von Christian Mayr

Analysen

Große Grauslichkeiten soll man am Anfang einer Regentschaft begehen, damit es das Volk bis zur nächsten Wahl wieder vergessen hat. Was Niccolò Machiavelli schon wusste, exerziert die Stadt Wien nun vor. Denn sie kündigte wenige Wochen nach der Neu-Konstituierung der Stadtregierung eine Gebühren-Erhöhung an.


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Und obwohl sich die Tariferhöhungen schon länger abzeichneten, sind viele Wiener vom nun bekannt gewordenen Ausmaß doch verblüfft: Wer etwa Auto- und Öffi-Fahrer ist, zahlt künftig um rund 70 Euro pro Jahr mehr, da sich Parkpickerl und Jahreskarte um 30 beziehungsweise 10 Prozent verteuern.

Dass sich nun von Seiten der Oppositionsparteien Spott, Hohn sowie scharfe Kritik über die SPÖ ergießt, hat sie sich zum Teil auch selber zuzuschreiben: Denn notwendige Reformen wurden über die Jahre nicht mit jener Konsequenz verfolgt, die offenbar vonnöten gewesen wäre, um die Gebühren nicht verteuern zu müssen. Im Konkreten bringen die nun teureren Parkscheine 20 Millionen Euro fürs Budget - die Wiener Linien werden mit zusätzlichen 38 Millionen ihre Betriebskosten etwas höher abdecken können. Weniger die Rede ist allerdings von anderen Einsparungspotenzialen im Magistratsbereich, mit denen ausgabenseitig vermutlich sogar wesentlich mehr zu erreichen gewesen wäre.

So gilt etwa die Pensionsreform weiterhin nicht für Wiener Magistratsbeamte. Auch die neue Finanzstadträtin Renate Brauner denkt wie ihre Vorgänger nicht intensiv über Privatisierungen oder Ausgliederungen nach. Experten schätzen, dass Reformen in diesen Bereichen jährlich 100 Millionen Euro bringen würden.

Die Reaktion auf die massive Kritik ist ebenso bezeichnend: Um sich den programmierten Gebühren-Ärger zu ersparen, werden die Tarife künftig nach dem Verbraucherpreisindex "angepasst". Statt schockartiger Erhöhungen gibt es dann die Verteuerungen regelmäßig und automatisch. Das Ergebnis im Budget wird freilich das selbe sein - und zum Sparen regt das auch nicht wirklich an.

Experten kritisieren auch die fehlende Vision: Wollte man etwa für einen Lenkungseffekt und eine Verkehrsentlastung sorgen, hätte man etwa die Parkscheine weitaus mehr verteuern und etwa in den inneren Bezirken höhere Preise festlegen müssen. Gleichzeitig hätte man jedoch die Öffis mit den dadurch hereinkommenden Mitteln sogar verbilligen können. Denn gerade in Zeiten, wo der Klimaschutz weltweit Thema ist, wird etwa die U-Bahn nun nicht wirklich attraktiver. Auch die Verteuerung des Parkpickerls dient einzig der Geldbeschaffung, weil deshalb ja niemand sein Auto abmelden und darauf verzichten wird. Zugleich sorgt dies aber für erheblichen Ärger, weil nach wie vor für einen Stellplatz bezahlt wird, der künftig weiterhin schwer zu bekommen ist. Auch das Problem der einpendelnden Niederösterreicher wird nicht entschärft: Wohngebiete in Pickerl-freien Bezirken werden weiter zugeparkt sein, weil von einer Zonen-Ausdehnung nun keine Rede mehr ist.