ÖVP-Klubchef Lopatka will einen strengeren Verhaltenskodex für die Abgeordneten. Beispielhaft vorangehen will er aber nicht.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 10 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Wien. Dass eine Fraktion einer Sitzung des Parlaments demonstrativ fernbleibt - wie die Neos unlängst bei der Budgetdebatte -, könnte künftig ein teures Vergnügen werden. Zumindest wenn es nach den Plänen von ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka geht. Der fordert strengere Verhaltensregeln für die Abgeordneten, einen Code of Conduct. Einen Dresscode soll es aber nicht geben.
Aufgrund des pinken Sitzungsboykotts dürfte es so manche Beschwerde von erbosten Bürgern gegeben haben. Jedenfalls will Lopatka nun darüber diskutieren, ob es bei "nicht nur geringer Verletzung des Anstandes oder der Würde des Hohen Hauses", bei schweren Beleidigungen, wiederholtem Nichtbefolgen von präsidialen Anweisungen und "gravierenden Verstößen gegen die geschäftsordnungsmäßigen Plichten der Abgeordneten" (Schwänzen von Sitzungen) ein Ordnungsgeld geben soll. Aus Lopatkas Sicht wären 500 Euro angebracht, wenn sich ein einzelner Abgeordneter danebenbenimmt, bei einer konzertierten Aktion eines gesamten Klubs sogar 1000 Euro. Der Auszug der Neos hätte so 9000 Euro gekostet. Ob ein Ordnungsgeld verhängt wird, soll der jeweils vorsitzführende Präsident entscheiden. Zuvor muss es einen Ordnungsruf gegeben haben. Das Geld solle "im Haus bleiben", so der ÖVP-Klubchef, zum Beispiel der Demokratiewerkstatt zugutekommen.
Zusätzlich wünscht sich Lopatka einen Code of Conduct, also Benimmregeln auf freiwilliger Basis. So sollen "Taferl und Transparente auf ein erträgliches Maß zurückgestutzt werden". Verbieten will er sie allerdings nicht. Verzichten darauf und als gutes Beispiel vorangehen will Lopatka auch nicht: "Aktionismus ist kein Vorrecht der Opposition."
Kleidervorschriften, wie unlängst von ÖVP-Mandatar Erwin Rasinger gefordert, lehnt Lopatka ab: "Es wird schon keiner in Badehosen kommen."
Nationalratspräsidentin Barbara Prammer habe positiv auf die Pläne reagiert, so der ÖVP-Klubchef am Donnerstag. Daher gehe er auch von einer Zustimmung der SPÖ aus. Ein klares Njet kommt hingegen von der FPÖ: "Wir lehnen das prinzipiell ab. In der Geschäftsordnung gibt es schon genug Sanktionsmöglichkeiten." Derartige Reglungen würden nur Oppositionsrechte einschränken und die Opposition "finanziell mundtot" machen. Außerdem: "Ein bisserl Kritik und Show muss erlaubt sein." Die Grünen finden die Vorschläge "scheinheilig" und eine "Heuchelei" (beides Ausdrücke, die im Parlament zu Ordnungsrufen führen). Das Ansehen des Parlaments leide vielmehr unter Kontrollverweigerung, abgedrehten Untersuchungsausschüssen, Budgetlügen (der Begriff "Lüge" ist im Parlament auch verboten) und unzureichend beantworteten parlamentarischen Anfragen.
Die Neos zeigten sich am Donnerstag "grundsätzlich diskussionsbereit". Klubchef Matthias Strolz erklärte: "Ein Ehrenkodex ist eine gute Sache - wir müssen ihn aber auch leben." Um die Qualität des Parlaments zu verbessern, seien aber andere Dinge wichtig, so Strolz, vor allem die Stärkung von Minderheitenrechten, wie Ministeranklagen oder Einsetzung von Untersuchungsausschüssen. Bei Letzterem geht Lopatka davon aus, dass die Verhandlungen noch vor dem Sommer abgeschlossen werden. Er bleibt dabei, dass den U-Ausschüssen die Präsidenten des Nationalrats vorsitzen sollen, auch wenn der deutsche Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) dies unlängst als "abwegig" bezeichnet hatte.