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Regeln zur Entsendung von Arbeitern verschärft

Von WZ-Korrespondentin Martyna Czarnowska

Politik

Kontrollmöglichkeiten der Länder sollen gestärkt werden.


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Brüssel. Es betrifft mehr als eine Million EU-Bürger jährlich, vor allem Polen, Deutsche und Franzosen. Sie werden von ihrem Arbeitgeber in ein anderes Land geschickt, um dort für das Unternehmen tätig zu sein. Im europäischen Bausektor gilt das gar für ein Viertel der Arbeitnehmer. Doch egal, wo die Menschen sind, sollten für sie Rechte wie jenes auf bezahlten Urlaub, Ruhezeiten oder sichere Arbeitsbedingungen gelten, wobei meist die Standards des Gastlandes zur Anwendung kommen. Das zumindest sehen die EU-Vorschriften zur sogenannten Entsendung von Arbeitnehmern vor. In der Praxis jedoch gibt es in etlichen, vor allem westeuropäischen, Ländern Sorgen vor sozialem und Lohndumping: Billigere Arbeitskräfte aus dem Ausland würden die Gehälter ebenfalls für Einheimische nach unten drücken. Und auch die EU-Kommission stellt fest, dass "Missbrauch, Ausbeutung und unfairer Wettbewerb" gerade im Bausektor vorkommen, wo es die meisten entsandten Arbeiter gibt.

Daher sollen die Kontrollmöglichkeiten der Länder verschärft werden, findet die Brüsseler Behörde. So sollten die Unternehmen, die Mitarbeiter entsenden, die nationalen Behörden über Zahl und Identität der Angestellten informieren und deren Einsatz dokumentieren.

Allerdings herrschte über das genaue Ausmaß der möglichen Aufsicht monatelanger Streit unter den Staaten. Und jetzt erst konnten sich die Sozialminister der EU bei ihrem Treffen in Brüssel auf die Regeln einigen, die aber noch mit dem EU-Parlament zu verhandeln sind.

Zu den bis vor kurzem offenen Fragen gehörte unter anderem, was in die Liste der Kontrollmaßnahmen aufgenommen werden sollte, die die jeweiligen Aufsichtsorgane ergreifen können. Doch konnten sich die Länder - neben Deutschland und Frankreich auch Österreich - durchsetzen, die für eine offene Liste plädierten und damit für mehr Flexibilität beim Vorgehen gegen Schwarzarbeit oder schlechte Arbeitsbedingungen. Wenn nämlich dieser Katalog genau festgelegt wäre, könnten die Firmen andere Wege zur Umgehung der Vorschriften finden, was dann aber nicht so leicht zu ahnden wäre, lautete die Argumentation.

Wer haftet für Verstöße?

Umstritten war ebenfalls die sogenannte Genenalunternehmerhaftung. Sie sieht vor, dass bei Verstößen nicht ein Subunternehmer zur Verantwortung gezogen werden soll, sondern auch dessen Auftraggeber. Das soll nun möglich werden - aber nicht in jedem Staat verpflichtend.

In Österreich hatte etwa die Wirtschaftskammer darauf verwiesen, dass es da bereits solche Haftungen in der Ausländerbeschäftigung gibt, im Baubereich etwa bei Lohnsteuer und Sozialversicherung. Verschärfungen jedoch würden die grenzüberschreitende Tätigkeit von Betrieben behindern: Die Unternehmen würden nur mit Firmen zusammenarbeiten, die sie schon kennen.

Österreich gehört zu den fünf EU-Ländern, in die die meisten Arbeiter entsandt werden: Laut Kommissionsangaben waren es im Jahr 2011 fast 80.000 Menschen. Mehr als drei Mal so viele wurden nach Deutschland geschickt; und auch Frankreich, Belgien und die Niederlande liegen in der Aufstellung vor Österreich. Aus Deutschland wurden aber gleichzeitig mehr als 200.000 Arbeiter entsandt. Nur polnische Firmen schicken mehr Menschen ins Ausland: 2011 war es eine Viertelmillion Arbeitnehmer.