"Wir können zusperren - wenn das aufgeht, sind wir tot." Worte, die klarer kaum sein könnten, findet der Vizerektor der Medizin-Uni Wien, Rudolf Mallinger, zu den geplanten Änderungen im Universitäten-Bereich. Wie berichtet, will eine Regenbogenkoalition aus SPÖ, Grünen und FPÖ vor der Wahl noch rasch die Studiengebühren und die Zugangsbeschränkungen abschaffen. Ein entsprechender Antrag wurde am Freitag dem Wissenschaftsausschuss zugewiesen, die Unis selbst haben von der "größten Reform seit Hertha Firnberg" (© FPÖ-Wissenschaftssprecher Martin Graf) erst am Donnerstagabend erfahren - durch Zufall, wie Mallinger der "Wiener Zeitung" erklärt.
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Nun wird aber offenbar nie so heiß gegessen, wie gekocht: In dem Antrag ist nämlich - anders als zuvor angedeutet - nur die Rede davon, die Beschränkungen "mit Ablauf des 30. Juni 2009 für alle Studien außer Medizin, Tiermedizin und Zahnmedizin außer Kraft" zu setzen. Für die Medizin hat man sich etwas Eigenes ausgedacht: Vom Wintersemester 2009 bis zum Wintersemester 2011 sollen österreichweit 350 Medizin-Studienplätze mehr pro Jahr sichergestellt werden.
Hier gibt es gleich zwei Probleme: Erstens bedeutet das eine Aufstockung der Plätze um 60 Prozent in drei Jahren - das ist laut Mallinger nicht einmal mit der versprochenen Finanzspritze zu bewerkstelligen. Zweitens: Die Quotenregelung, wonach 75 Prozent der Medizin-Studienplätze an Österreicher, 20 Prozent an EWR-Bürger und 5 Prozent an Drittstaatsangehörige vergeben werden, bleibt. Die EU-Kommission hat zwar das Verfahren gegen Österreich wegen Verletzung des Gemeinschaftsrechts bis 2012 ausgesetzt - unter diesen Umständen wirkt es aber etwas tollpatschig, kurz vor Fristende noch eine komplizierte Neuregelung zu lancieren.
SPÖ-Bildungssprecher Erwin Niederwieser sieht das freilich anders: Bis zum Auslaufen der Galgenfrist werde man schon eine Einigung auf europäischer Ebene herbeigeführt haben. Auch von Mallingers Befürchtungen hält er nichts: Eine Aufstockung der Medizinstudenten "wird sicher nicht leicht - aber es ist machbar". Und: "Die Herren Rektoren sollen nicht so pessimistisch sein."
Grund zum Pessimismus haben nicht nur die Mediziner, sondern auch die Psychologen: Denn für die nichtmedizinischen Studienrichtungen fallen die Zugangsbeschränkungen bereits Mitte 2009 - laut Niederwieser "nur ein halbes Jahr früher als ohnehin geplant". ÖVP-Wissenschaftssprecherin Beatrix Karl spricht von einer Katastrophe: Bereits jetzt seien 71 Prozent der Psychologie-Studenten in Salzburg Deutsche - mit der Aufhebung der Studiengebühren und der Beschränkungen werde Österreich für die noch attraktiver gemacht. Karl bringt die Problematik auf den Punkt: "Sinnvoll und durchdacht ist das nicht."