SPÖ und ÖVP haben endlich die Lust am Regieren entdeckt - und verlängern die Legislaturperiode.
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Normalerweise ist es ja eher umgekehrt: Die Regierung hat eine vage Idee (es muss ja nicht immer gleich ein Plan sein) und hält damit nicht hinter den Berg. Spätestens am nächsten Tag teilt sich die mediale Landschaft in Befürworter und Gegner.
Bei der von SPÖ und ÖVP paktierten Verlängerung der Gesetzgebungsperiode von vier auf fünf Jahre war jedoch alles anders. Die Schrecksekunde der Kritiker dauerte Monate, dabei hielt die Regierung mit ihrer Absicht gar nicht hinter den Berg: Schon am 8. Jänner, dem Tag der rot-schwarzen Einigung, verkündeten Alfred Gusenbauer und Wilhelm Molterer ihre Absicht, das Wahlalter auf 16 Jahre abzusenken, die Briefwahl einzuführen und eben auch die Legislaturperiode um ein Jahr zu verlängern.
Der Aufschrei der Kritiker erfolgt erst jetzt, dafür umso geballter. Die Rede ist von Entdemokratisierung durch Verringerung der Kontrollmöglichkeiten der Wähler.
Die Argumente der Befürworter sind nüchterner: Das Zeitfenster, das für das faktische Regieren zur Verfügung steht, soll ausgeweitet werden. Die einfache Rechnung hört sich hier wie folgt an: Das letzte Regierungsjahr ist aufgrund des bereits anlaufenden Wahlkampfes nur noch für Wählergeschenke oder legistische Kosmetik gut; die Regierungsbildung nach Wahlen dauert auch immer länger; und schließlich bedarf es auch einer Einarbeitungszeit der neuen Minister. Kurzum: Für die Umsetzung politischer Reformen bleiben von vier maximal zweieinhalb Jahre übrig - so die Botschaft der Regierung.
Da mag etwas dran sein, nur wer bitte ist außer den Parteien selbst an der permanenten Wahlkampfstimmung schuld? Einen unangenehmen Beigeschmack hat auch der finanzielle Nebeneffekt, der die ohnehin üppigen Parteiförderungen nun um ein Jahr länger fließen lässt. Davon profitiert auch die Opposition.
Tatsache ist: Im internationalen Vergleich sind vier Jahre die Regel und fünf die Ausnahme. Eine der wenigen, die sich mit dem Quinquennium begnügen, ist das für seine demokratische Legitimität nicht gerade berühmte EU-Parlament.
In Österreich wurde bisher nur der Nationalrat alle vier Jahre gewählt, in den meisten Ländern werden die Landtage alle fünf Jahre, in Oberösterreich gar nur alle sechs Jahre gewählt. Sechs Jahre ist auch die Amtsdauer des Bundespräsidenten.
Sinnvollere Alternativen, den politischen Arbeitskalender von störenden Wahlgängen zu befreien, ist zweifellos die Schaffung so genannter Super-Wahlsonntage. So könnten die 2009 anstehenden fünf Wahlgänge (EU, Kärnten, Oberösterreich, Salzburg und Vorarlberg) auf einen Tag zusammengelegt werden. Der Alptraum sämtlicher Landeshauptmann-Parteien, die die Überlagerung "ihres" Urnengangs durch bundespolitische Stimmungen fürchten wie der Teufel das Weihwasser. Auch eine gesetzliche Regelung zur zeitlichen Beschränkung von Wahlkämpfen würde dem Arbeitseifer der Regierenden sicher blendend stehen.
Die Verlängerung der Legislaturperiode wird kommen. Ein Ruhmesblatt ist sie nicht. Ein wenig mehr öffentliche Debatte hätte nicht geschadet. (Das gilt auch für Wählen mit 16.) Der Untergang des Abendlandes findet aber auch nicht statt. Immerhin waren die letzten Wahlkämpfe beim besten Willen keine demokratiepolitische Erleuchtung. Und Neuwahlen bleiben ohnehin ständige Möglichkeit.